Chinesische Medizin


Diagnose-Statuette

 

 

Wichtiges Element bei der Untersuchung des Patienten stellt in China das Fühlen des Pulses. Der Arzt fühlte zunächst am rechten, dann am linken Handgelenk.

Die Patientin brauchte nur ihren Arm durch die geschlossenen Bettvorhänge zu strecken, damit der Arzt die Pulssymptome erfassen konnte - heikler wurde die Untersuchung des Körpers, insbesondere bei Patientinnen.

Dem westlich geprägten Arzt ist die Untersuchung des weiblichen Patienten eine Selbstverständlichkeit, die Intimsphaere inclusive - über das Schamgefühl setzt er sich zumeist grandios hinweg. Anders die Lage in China, wo es früher zum guten Ton gehörte, dass sich eine Frau einem Manne nie unbekleidet zeigte - der Arzt bildete hierin keine Ausnahme. Damen benutzten kleine Statuetten, um dem Arzt die Stelle der Beschwerden zu zeigen - Damen der Oberschicht besassen eigene Figürchen, die sie auch mal durch eine Botin zum Arzt schicken konnten. Zu einfacheren Patienten brachte der Arzt sein eigenes Püppchen mit.

 

"The carvings were used in China from the 1600s until as late as the 1940s" (Dr. William M. Strait, 1970).

 

Die Figürchen zeigen immer Frauen, immer in der gleichen Pose mit hochgehobenem linkem Arm und hochgestecktem Haar, immer nackt, mit Ausnahme der Füsse, die entweder gar nicht dargestellt sind oder bekleidet waren. Die meisten Figürchen sind aus Porzellan und Elfenbein. Die Figuren wurden im frühen 18. Jh. in der europäischen Medizin übernommen, nun nicht mehr zum Gebrauch des Patienten, sondern zur Unterstützung des Lehrbetriebes: um 1700 stellte Stephan ZICK (1639-1715) in Nürnberg anatomische "Lehrpuppen" aus Elfenbein her, u.a. mit der Darstellung schwangerer Frauen.

 

Exponat:  11 cm lange Statuette aus Holz.

Eine schöne Sammlung findet sich bei
www.chez.com/renegosse/doctor.htm

 

Lit.:

Bause GS., Antique Chinese diagnostic dolls, in: Anesthesiology. 2010 Mar;112(3):513.

Dittrick H., Chinese medicine dolls, in: Bull Hist Med. 1952 Sep-Oct;26(5):422-9.