Paediatrie


Diphtherie (3) Spritze n. ROUX

um 1900/1910 

1894 endlich entdeckte Emil BEHRING (1854-1917) sein Serum: geimpfte Pferde wurden monatlich einmal zur Ader gelassen, wobei jeweils 4 Liter Blut gewonnen wurden.


Der Zufall wollte es, dass in Paris in den Jahren 1890-93 eine schwere Diphtherie-epidemie tobte. Pierre Paul Emile ROUX (1853-1933) griff die Entdeckungen BEHRING's auf und machte sich seinerseits an die Grossproduktion des Antitoxins. Aus Berlin wurden wundersame Heilungen mit dem Serum von BEHRING berichtet; die französische Presse drängte; so schritt ROUX, überstürzt und ohne die vom wissenschaftlichen Standpunkt unerlässlichen Doppel- blindstudien, zur Tat. Am 1. Februar 1894 trug er eine erste Ladung Flaschen voller Serum "auf dem Kopf ins Kinderspital" - die Kinder wurden bis Juli 1894 mit diesem Serum therapiert, woraufhin die Mortalität um die Hälfte zurückging. Auf dem Kongreß in Budapest konnte ROUX stolz von seinen Erfolgen berichten und "standing ovations" ernten. Die französische Presse huldigte dementsprechend ihrem Wunderdoktor.


Das Serum wurde ursprünglich in das Unterhautfett der Flanke injiziert, in hochakuten Fällen auch mal intravenös. Eine bis drei Injektionen à 20 Kubikmilliliter musste ein Kind über sich ergehen lassen. Dazu mussten mehrere Erwachsene das arme Geschöpf festhalten. Das Heilserum bindet nur das noch in der Blutbahn befindliche Toxin und ist gegenüber dem bereits an Organen und Zellen verankerten Gift wirkungslos. Entscheidend bei der Serumtherapie war also der frühe Behandlungs-beginn. In der Praxis durfte der Arzt also keinesfalls das Ergebnis einer bakteriologischen Untersuchung abwarten, um eine Serumbehandlung zu starten: Diphtheriebazillen sind erst nach 48stündiger Bebrütung kulturell nachweisbar! Stellte der Arzt die Diagnose allzuhäufig bei ein und demselben Kind, musste er ab der 2, Injektion des Serums mit anaphylaktoiden Reaktionen rechnen - die Abwägung der Risiken war sicherlich nicht immer einfach.

In Luxemburg griff als Erster der (damals) in der r. de l'Arsenal n°12 niedergelassene Dr. August WEBER (1852-1936) die Idee auf:
„Luxemburg, 8. Nov. Herr Dr. Aug. Weber theilt der L.Z. mit, dass er seit heute im Besitz einer Roux’schen Serumspritze ist, die er seinen Collegen bei Bedarf bereitwilligst zur Verfügung stellt“ (Ardenner Zeitung vom 10.11.1894).

„Schrondweiler, 17. Jan. Das an Diphterytis erkrankte zehnjährige Töchterchen des hiesigen Gutsbesitzers Hrn. Meyers wurde durch Anwendung des Heilserums von dieser furchtbaren Krankheit geheilt“ (Luxemburger Wort vom 19.1.1895).

"Diphtérie 54 Fälle [im Kanton Clerf], die sich folgendermaßen auf die einzelnen Gemeinden verteilen : Asselborn 1, Bögen 2, Clerf 2, Helzingen 2, Hosingen 1, Ulflingen 11 Weiswampach 34. Gestorben sind 5 Diphteriekranke : es handelte sich immer um die ersten Erkrankungsfälle in den einzelnen Ortschaften, bei welchen die Serumbehandlung zu spät oder überhaupt nicht eingeleitet wurde" (Memorial n°84 vom 31. Dezember 1919) - das Serum war den Ârzten wohlbekannt, doch konnte es nicht schnell genug herbeigeschafft werden, um die ersten Kranken einer Ortschaft zu behandeln ...

Vorgestellt wird eine
Seringue pour le SERUM
Méthode du Dr. ROUX

mit verstellbarem Duritkolben, 2 Kanülen, Reservekolben in Originaletui. Der Kolben wurde, so weist es der Katalog des "Medizinischen Waarenhauses" von Berlin 1910 S. 73 aus, wahlweise aus Durit oder Asbest hergestellt.