Chirurgie


Schröpfköpfe (10)

17Jahrhundert 2 a
 

 

Vergleicht man diesen Schröpfkopf mit dem Vorherigen (9a), so fällt die geriffelte Oberfläche auf. Möglicherweise sollte das Relief verhindern, daß der Schröpfkopf im feuchten Badhaus dem Bader allzu häufig aus der Hand glitt und zu Boden ging.

 

 

Umfunktionieren

Im 17. Jahrhundert wurde das Schröpfen in die Hände der Bader (frz. baigneurs) und Feldscher (Lazarettärzte) gelegt. Diese benutzten nur das Verfahren des "blutigen" Schröpfens und differenzierten nicht ausreichend nach den entsprechenden Krankheitsbildern. Hierdurch kam dieses Verfahren durch falsche und übermäßige Anwendung langsam in Verruf. Dadurch konnten Schröpfköpfe nun andern Zwecken zugeführt werden.

 

Der Nürnberger Fabrikant von Münzwaagen, Meister Paulus Deinert, benutzte ab 1758 als Punze die Buchstaben PD zusammen mit dem Loßkopf (Lass-Kopf) resp. Schröpfkopf - Schröpfkopf als Familien-Beiname.

 

Später wurden die Köpfe regelrecht "mißbraucht" – von ihrer Verwendung als Reliquienbehälter habe ich bereits gesprochen: "Auf den Fildern (Spitzkohl-Feldern) wurden die Schröpfköpfe von Generation zu Generation vererbt – und reichen Bauerntöchtern gern in die Aussteuer mitgegeben. Denn genutzt wurde der überdimensionale Fingerhut zum Abmessen der Filderkraut-Samen. In den kleinen Metallzylinder passen nämlich ziemlich genau 1000 Stück der kleinen Kugeln – was dem Landwirt beim Aussäen des wegen seines hohen Preises auch gern als „Filder-Kaviar“ bezeichneten Samens mehr als nur einen groben Überblick aufs Saatgut ermöglichte. So kam es zur Maßeinheit "Ventaus" … Die noch heute bekannte Größe mit einem Bodendurchmesser von 3,7 Zentimeter geht aufs Jahr 1806 zurück und fasst ein württembergisches Kubikzoll, also 22,12 Kubikzentimeter (Sascha Schmierer, Der Messbecher für den wertvollen „Filder-Kaviar“, Stuttgarter Nachrichten, Was isch au des, 20. Oktober 2015).

 

Die Stuttgarter waren nicht die Einzigen, die Schröpfköpfe zum Abmessen benutzten: "Gute Bratwürste zu machen (..) auch nach Belieben/ eine Hand voll halbgesottenen Pfeffer und Majoran/ auch nach Belieben/ einen Laß-Kopff voll Coriander/ und hacke es ferner alles klein" (Fridericus Frisius, Der vornehmsten Künstler und Handwercker Ceremonial-Politica, Leipzig 1708 S.831).

 

 

Exponat

"Baderskopf", Bronze. Maße: max. Durchmesser 3,6 cm, Öffnung 3,3 cm, Höhe über alles 3,3 cm. Gekehlte Aussenseite.

Herkunft: Süddeutscher Raum

 

vgl. Schröpfkopf, Fundort: Burg Prandegg. OÖ. Burgenmuseum, Reichenstein.