Chirurgie


Press-Schwämme

Pressschwämme 2
 

 

In Apotheken konnte man mit geschmolzenem Wachs getränkte und gepreßte Schwammschnitte unter dem Namen Pressschwamm resp. Wachsschwämme (Spongia cerata) kaufen – schon die königlich Preußische Medicinalverfassung von 1818 kannte den Wachsschwamm. Heute ist der Handel mit diesen Schwämmen [Spongia officinalis adriatica (Schmidt, 1862); Spongia officinalis officinalis (Linnaeus, 1759)] reguliert.

 

Herstellung

Den Wachsschwamm (Spongia cerata) bereitete man, indem man gereinigte und trockene Schwammstücke in geschmolzenes Wachs tauchte und zwischen etwas befeuchteten Brettchen schwach presste. Press- oder Quellschwämme (Spongiae compressae) stellt man her, indem man feine, gereinigte feuchte Schwammstücke durch scharfes Umwickeln mit Bindfaden zusammenpresst oder sie feucht in Glasröhrchen hineinschiebt und sie hier trocknen lässt. "Die spongia compressa seu praeparata wird dargestellt, indem man von gereinigtem Meerschwamm längliche Stücke schneidet, sie mit heißem Wasser befeuchtet und mit einem dünnen Bindfaden von einem Ende zum andern ganz fest umwickelt. Man befeuchtet auch wohl den Schwamm vor der Einwicklung mit einer Auflösung von arabischem Gummi oder Eiweiß, damit die Poren zusammenkleben. Erst dann, wenn dieser präparirte Schwamm angewendet werden soll, wird der Bindfaden abgewickelt" (Ernst Blasius, Handwörterbuch der gesammten Chirurgie und Augenheilkunde: zum Gebrauch für angehende Ärzte und Wundärzte, Berlin 1838 S.398). "Pressschwamm. Man formt angefeuchtete, fingerlange und ca. 3 cm breite Stücke gereinigter Schwämme mittelst kräftiger Umschnürung mit Bindfaden in Stengel von der Dicke einer Bleifeder. In dieser Umhüllung werden sie getrocknet und aufbewahrt. Sie dienen, nach Entfernung der Schnur, zur Erweiterung von Wundkanälen" (Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893 S. 343).

 

Anwendung

Zur Erweiterung von Wundkanälen benutzte man früher Laminaria-Stiele, Tupelo-Holz oder Enzian-Wurzel. Besonders häufig benutzte man zusammengepresste Schwämme. "Sie dienen, nach Entfernung der Schnur, zur Erweiterung von Wundkanälen" (Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893 S. 343). Daneben gab es unkonventionelle Anwendungen:

- der österreichische "akademische Regimentsarzt" Johann-Georg Schwarzott benutze sie 1820, um eine unstillbare Blutung im Bereiche eines Unterschekels zu komprimieren – die Blutung stand binnen 2 Minuten. Am 3. Tage wurde der Schwamm entfernt, ohne daß eine Blutung aufgetreten wäre (Medicinisch-chirurgische Zeitung, Salzburg 1820 S. 46).

- durch Einführen eines Pressschwammes in den Muttermund führte Kluge (L. Mende, Beobachtungen und Bemerkungen Bd. 3 1826 S. 26-50) Frühgeburten herbei (Adolph Carl Peter Calisien, Medicinisches Schriftstellerlexikon S. 217). Um 1900 kamen die Pressschwämme nur noch selten zur Anwendung (Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893 S. 343).

 

Geschenk von Mag.Dr. Andreas Winkler - mein Dank!