Karikaturen


Hebamme, früher und jetzt

 

Bei einer Taufe waren die Eltern verpflichtet, die Verwandten und die Hebamme zum Trinken einzuladen, dem Kindelbier. Alkohol war mit dem Begiff Hebamme eng gekoppelt - leider nicht nur bei den Taufen. Vielen Dorfhebammen wurde regelrechte Trunksucht nachgesagt ...

Die Versuchung war gross, führte eine ordentliche Hebamme doch stets hochprozentigen Alkohol mit sich - nicht primär zum Trinken gedacht, sondern zum Einreiben unruhiger Neugeborener! Bekannt ist das leinene Lutschbeutelchen mit Mohn, das die Babys in eine Dauerschläfrigkeit versetzte. Sobald dieser allgebräuchliche "Zulp" oder "Nutschbeutel", "Sauglappen" nicht mehr genügte, die Kleinen zur Ruhe zu bringen, wurde das unruhige Kind entweder mit Branntwein eingerieben oder mit einer Abkochung von Mohnköpfen getränkt. Diese Praxis geht auf die Auffassung der Ärzte zurück, die die Ansicht vertraten, daß Säuglinge nicht zu lange schreien sollten und verschiedene Vorschläge dazu gestalteten, sie zu beruhigen.

Auf der Ansichtskarte glaubt man im Mund des Kindes links im Bild einen solchen Zulp su sehen - und dahinter die Karaffe und das Schnapsglas. Der etwas wirre Blick der Hebamme soll vermutlich an den chronischen Alkoholmissbrauch anspielen.

Ganz anders die moderne Hebamme rechts im Bild: sauber, mit schmalen, eleganten Händen, wissenschaftlich geschultem, seriösen Blick. Zudem gestattet sie dem Kind, sich frei zu bewegen, während die altmodische Dorfhebamme ihr Neugeborenes gepuckt hat.