Antike Medizin


Löffelsonde (2)

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 Römische Instrumente besitzen meist 2 Funktionen: oft ist eine Sonde kombiniert mit einem zweiten Funktionsteil - einem Löffel in unserem Falle

 

Gelegentlich waren Instrumenten-etui und Medikamentenschachtel zu einem polyvalenten Kästchen aus Blei oder Bronze kombiniert (lat.: pecillotheca). In seinem Reiseköfferchen nahm der römische Arzt ein Vielzahl ebenfalls polyvalenter Instrumente mit sich, aber auch Heilmittel - oft war er zugleich Apotheker.

 

Die Behältnisse von Arzneimitteln waren vielfach aus Blei hergestellt, da man dessen Toxizität nicht erkannt hatte. Andere waren aus Holz. Viele Medikamente waren in Form von Kollyren konditioniert, Stangen, von denen man Scheiben abschneiden konnte (die Vorläufer unserer Tabletten). Andere Arzneien wurden in Körner- oder Pillenform dargeboten.

 

Zur römischen Pharmakologie sind sog. Salbenreibkästchen zu zählen, eine Kombination von Medikamentenkästchen und Reibplatte (Porphyr, Schiefer, Marmor), manchmal mit Hülse für pharmazeutische Geräte.

 

Antike


Nähnadeln

Nähnadelpaar 

 

Im römischen Heer finden wir erste Ansätze eines Militärsanitätswesens. Unter Kaisers Augustus (63 vor bis 14 nach Christus) wurden erstmals angehende Ärzte in die Legionen aufgenommen mit dem Ziel, ihre beruflichen Kenntnisse zu perfektionieren, und damit verbunden der Aussicht, in höhere Ränge der Militärhierarchie aufsteigen zu können. Die Organisation des Militärsanitätswesens war, wie auch die Heeresstruktur, in der Tat für die damalige Zeit sehr fortschrittlich. Als Anreiz für werdende Ärzte für den wenig lukrativen Militärdienst fern von Rom wurde schon damals die Möglichkeit einer bezahlten Ausbildung geschaffen: der Arzt als „immunis“ (Gefreiter, d. h. von Steinklopfen oder Bauarbeiten befreiter). Nach der Ausbildung wurde die Erhebung in den Offiziersrang in Aussicht gestellt. Die Arbeitsbedingungen der Militärärzte waren durchaus gut - in befestigten Lagern stand ein eigenes Gebäude, das „Valetudinarium“, zur Verfügung, in welchem verletzte und erkrankte Soldaten von dienstleistenden Soldaten abgesondert werden konnten.

 

Zur Wundversorgung Bei Celsus finden wir die detaillierte Beschreibung einer Bauchdeckennaht in mehreren Schichten:

"Le ventre est quelquefois atteint de blessures pénétrantes, par lesquelles les intestins peuvent s'échapper au dehors. Quand un pareil accident arrive, il faut examiner sur-le-champ si les intestins sont intéressés, et s'ils conservent une coloration naturelle. J'ai déjà dit que, dans les perforations de l'intestin grêle, il n'y a rien à faire. On peut traiter par suture celles du gros intestin, non que ce moyen mérite une entière confiance, mais parce qu'il vaut mieux tenter une chance incertaine que de laisser le malade sans aucun espoir  (..). Le blessé doit être couché sur le dos, les cuisses relevées; et si la blessure n'est pas assez large pourqu'on puisse commodément refouler l'intestin, on lui donne au moyen d'une incision l'étendue convenable (..). La réduction terminée on agite doucement le malade afin que chaque part des intestins se retrouve dans la situation première et s'y tienne (..). Recoudre isolément le péritoine ou la peau ne suffirait pas, l'un et l'autre doivent être réunis par suture; il faut même la pratiquer avec un fil double (..). Chaque main sera donc armée d'une aiguille chargée d'un fil double, et l'on commencera par coudre le péritoine de telle sorte que l'aiguille de la main gauche traverse le côté droit de la plaie et celle de la main droite le côté gauche, à partir de l'origine de la blessure, et en procédant toujours de dedans en dehors" (Frédéric Dubrana, Philippe Pasquier, Ligatures et sutures chirurgicales: Techniques chirurgicales, Springer 2011; cit. Celse, Traité de la médecine en huit livres, traduction M. des Etangs, Paris 1859 p.224-225).

 

Zum Nahtmaterial

"Aus Textandeutungen griechischer und römischer Ärzte der Antike ist die Verwendung von Leinenzwirn zu entnehmen (Ölschlegel F F, Luther B, Arnst C B, Chirurgie im alten Ägypten. Zentralblatt für Chirurgie 1986, 111: 814-821). Circa 200 v.Chr. war der Leinenfaden in die chirurgische Wundbehandlung bei Antyllus integriert (Goldenberg I, Catgut, Silk and Silver – The history of surgical sutures. Surgery 1959, 46: 908-912). Ein Faden aus gallischem Leinen (Filum gaietanorum) aus dem Land der Kelten war zur Zeit des Galen (129-216 n.Chr.) im römischen Reich bekannt (v. Brunn W, Kurze Geschichte der Chirurgie. Berlin: Springer Verlag 1928) (Teubner E, Zur Geschichte der Ligatur und des chirurgischen Nahtmaterials. Die Medizinische Welt 24, 1973 (22): 946-950). Ligaturen wurden von Galen und auch Orebasius (325- ~395 n.Chr.) mit starken Zwirnsfäden durchgeführt (Teubner op.cit). Wie schon Celsus (1. Jh. n.Chr.), betonte auch Galen die Notwendigkeit, bei Gefäßligaturen einen Faden aus nicht leicht faulendem Material zu verwenden (Erhardt E., Die in der Chirurgie gebräuchlichen Nähte und Knoten in historischer Darstellung. Sammlung klinischer Vorträge 1910, 580/581: 175-213)" (Monika Franziska Maria Flury, Die Entwicklung chirurgischen Nahtmaterials als Voraussetzung und Folge operativer Tätigkeiten und wissenschaftlicher Forschung, Dissertation Würzburg 2002 S. 6).

 

Zu den antiken Nadeln

Manche Nadeln sind eindeutig als chirurgisch auszumachen: die Multifunktionalität ist ein charakteristisches Merkmal des Handwerkszeugs des römischen Arztes, der es vermied, schweres Gepäck mit sich herumzuschleppen. So ist auch eines der hier abgebildeten Instrumente an einem Ende ein Nadel, an dem andern Ende ein Löffelchen (Durchmesser 5 mm).

Länge der vorgestellten Nadeln:

obere Nadel 122 mm
untere Nadel 111 mm

 

Antike Instrumentenkästen

Die Skalpelle, Knochenheber, Nadeln und Haken wurden in (mit Leder verbundenen, teilweise damit überzogenen) Holzkästchen aufbewahrt. Zeugnis davon geben uns die Grabsteine z.B. aus dem Asklepion von Athen oder die Grabbeigaben für den Arzt P. Aelius Pius Curtianus in Praeneste / Palastrina. Seltener sind auch Zangen so aufbewahrt worden. Es wurden aber auch Lederrollen gefunden die zum Transport von Instrumenten gedient haben.

Antike


Phiole

"Tränenfläschchen", Trier, um 200 n.Chr. 

Medikamente wurden in Töpfchen verschiedenster Art aufbewahrt und verschickt. So wurde das Präparat "Lykion" in kleinen, becherähnlichen Näpfchen aus Ton, gelegentlich auch aus Blei verpackt, die jeweils einige wenige Milliliter fassten. Einige der Behältnisse tragen die Bezeichnung Lykion, andere einen Aklepioskopf oder einen Apollo-Dreifuss als Symbol für den medizinischen Inhalt.

Andere Medikamente wurden in Fläschchen abgefüllt, wobei man den Inhalt wohl an dem - auf dem Verschluss oder auf einem angehängten - Etikett lesen konnte. Da die Gläser keine Aufschrift besitzen, sind sie nur im Verbund der Grabungsstücke als Medikamentenfläschchen zu identifizieren.

In Rom wurde Glas als Material für Medikamenten- und Kosmetikgefässe benutzt, nachdem das Geheimnis seiner Herstellung über Syrien und durch die Phönizier allmählich nach Europa gedrungen war. Im 2. Jahrhundert v. Chr. wurde das Glasblasen erfunden.

Vorgestellt wird ein in Trier ausgegrabenes, 132 mm hohes Salbgefäss, ein sog. "Balsamarium" mit leicht abgeflachtem Boden. Diese Form des Glasbehältnisses war sehr verbreitet - viel zu häufig, um Medikamentenfläschen sein zu können.

Mehrere, dem hier gezeigten Fläschchen sehr ähnliche Phiolen, werden in dem Bildband "Die Sammlung" von B. Olonetzky, Thieme-Verlag 1980, S. 88) als Medizinalfläschchen ausgegeben. Bei den sog. "Medizinalfläschchen" aber handelt es sich in den allermeisten Fällen um sog. "lacrimalien" - um Flaschen, in denen die Hinterbliebenen ihre Tränen auffingen, um sie dem Toten ins Grab beizugeben als Beweis ihrer innig empfundenen Trauer.

Alles Histörchen und Umschreibungen für ein Beerdigungsritual, bei dem die Römer ein Parfumfläschchen neben den einbalsamierten Leib ihrer Verstorbenen legten, bevor das Grab versiegelt wurde ...

"Flacon à panse et col évasé. Encore appelé "lacrymatoire", par assimilation erronée au rite des pleureuses professionnelles aux obsèques dans l'antiquité, ce récipient servait à contenir des collyres ou des onguents. L'aspect irisé provient de la dégradation du verre par l'acidité et les pigments minéraux du sol des endroits ou il a été retrouvé lors de fouilles."

Peter Ustinov als "Nero" im Film "Quo vadis": als er ein Tränchen zerdrückte, rief er nach seinem Tränenglas, um die Träne aufzufangen ...

Auch in Luxemburg wurden derartige Fläschchen gefunden: "Am "Halerbach" wurden im frühen 19. Jh. römische Münzen gefunden. 1859 entdeckte man weitere Münzen sowie zwei "Urnen", zwei Tränenfläschchen und zwei "kupferne Vasen": Es werden Prägungen Neros, Titus' und Constantius I. erwähnt" (Weiller 1972, 366 Nr. 158, Carte Arch. Lux. 12, 1980, 44; Publ. Section Hist. Inst. Luxembourg 3, 1847, 190). Nichts hinderte den römischen Arzt oder Apotheker daran, seine Säftchen in typengleichen Fiolen an den Mann zu bringen!

Antike

Pinzette

Grösse 81 x7 mm 

Kleine Pinzetten gehörten als Epilationspinzette (tricholabis, vulsella) in jeden Schminkkoffer! Sie zählen daher zu den häufigsten Funden und können nur dann als chirurgische Instrumente angesehen werden, wenn sie in einem medizinischen Kontext (Arztgrab, Begleitinstrumente) gefunden werden.

Aus Aegypten verschlabberten die römischen Truppen mehrfach das Trachom über das gesamte Reich; eine bakterielle Erkrankung, die zu Vereiterung der Augen und zu Blindheit führte - immer noch ein Thema im Orient. Das Trachom mit seinen eingewachsenen Wimpern erklärt vielleicht die grosse Zahl von Pinzetten, die als Grabbeilage gefunden werden: sie dienten zum Epilieren der Augenlider (!)

Antike


Römischer Schröpfkopf

 

 

Ärzte in Mesopotamien, Aegypten, Griechenland kannten sich sowohl mit der blutigen als auch der unblutigen Methode des Schröpfen aus …

 

Vorgriechisch

Die Antike kannte den Blutegel als Parasiten von Pferden (im Alten Testament wird der Rossegel in Spr 30,15 erwähnt). Mit der Saugglocke wird dieser Parasit "nachgespielt". "Auf dem Siegel des mesopotamischen Arztes Urlagaledinu von 3300 v. Chr. sind drei Schröpfköpfe abgebildet. Sein Sklave wird in der zugehörigen Aufschrift als Schröpfkopf- setzer und Pflasterleger (sic) erwähnt" (Jürgen Fege, Ärzteblatt Sachsen 6/2012 S.256-258). Papyrus Ebers erwähnt diese blutige Technik 1550 v.Chr. Wer sein Blut nicht hergeben wollte und dennoch eine "Umstimmung" seiner Säfte wünschte, der rief den "Mann mit dem Schröpfglas". HERODOT schrieb 413 v.Chr., dass schon die "alten" Aegypter sowohl die nasse als auch die trockene Formen des Aderlasses praktizierten.

 

Griechisch

Schon die erste Darstellung eines Arztbesuches, die 1914 dem Musée d'Orsay vom jüdischen Bankier Joanny Peytel (1844-1924) geschenkte Parfumflasche "aryballe Peytel" – seit 1918 Eigentum des Louvre - zeigt eine solche Glocke. Bei den alten Griechen trug der Schröpfkopf den verniedlichenden Namen "sikuos" d.h. Kürbis; auch die Römer nannten sie "Cucurbitula", d.h. „kleiner Kürbis“. Einen Schnepper kannten die Griechen und Römer offensichtlich noch nicht. Man schätzte und benutzte das Schröpfgefäss so sehr, dass es zum Symbol der Ärzteschaft wurde: es taucht auf griechischen Grabreliefs des frühen 5. Jahrhunderts v. Chr. als Symbol für diesen Berufsstand auf.

 

Römisch

Den Römern war dieses Utensil zunächst ein Graus – und als die ersten Griechenärzte damit in Rom ankamen, schwappte ihnen eine Welle der Fremdenfeindlichkeit entgegen. Die Feindlichkeit wich bald einer wahren Liebe für die Medizin der Griechen. In der sog. "Schule von Alexandria" lernten Jahre später die angehenden Ärzte des römischen Reiches die Schröpfköpfe kennen. GALEN wetterte gegen ERASISTRATUS, der die Saugglocke angeblich zu selten benutze … Rechtzeitig auf die Bisswunde aufgesetzt, konnte der Schröpfkopf vor der Tollwut schützen: "Man soll den frischen Biß ausbrennen und, wenn möglich, einen Schröpfkopf darauf befestigen" (Stefan Winkle, Die Tollwut im Altertum; zit. anonymus, in: 9. Brief aus einer fingierten Schriftensammlung, die unter dem Namen "Briefe des Hippokrates" bekannt wurde und zum Teil eine Korrespondenz mit Demokritos vorzutäuschen versucht). Fast das gleiche hatte bereits Cornelius CELSUS, Sekretär des Kaisers Tiberius, empfohlen, der sich als praktischer Römer in seinem Buch nur auf die Behandlung beschränkte. Ähnlich wie beim Schlangenbiß soll auch aus den durch Hundebiß verursachten Wunden das "Gift (lateinisch: "Virus") durch einen Schröpfkopf ausgesaugt" und möglichst "auch noch mit glühendem Eisen ausgebrannt" werden. CELSUS wiederholt, dass es beide Formen des Aderlasses gebe. Bei ORIBASE finden wir im Buch VII 3 Zitate über Schröpfen: GALEN (Cels. II, 113; Gal. tom. XI S: 320-321), ANTYLLUS (Hippocr. De med. S. 20) und HERODOT (Gal. tom. XI S: 321). Das Schröpfen war der kleine Bruder des Aderlasses und wurde vorzugsweise bei schwachen Patienten oder bei lokalen Behandlungen eingesetzt. Der Indikationskatalog war gross: Epilepsie, Lähmung, Kopfschmerz, Lungenentzündung, Durchfall, aber auch zum Säubern von Wunden, die durch den Biss giftiger Schlangen oder tollwütiger Hunde zugefügt wurden (De medicina libri II-V). Um einen heftigen, tief in den Körper reichenden Sog zu erreichen, benutzte man Glocken mit einem engen Hals, Glocken mit weitem Hals saugten sachter, oberflächlicher. Die Handhabung des Schröpfkopfes war recht einfach: Zunächst wurde die Mündung über eine Flamme gehalten oder kurz über ein Öllämpchen gehalten. War das Innere ausreichend erhitzt, so drückte man die Öffnung auf die zu behandelnde Körperpartie. 

 

Spätrömische Schröpfbecher aus Glas wurden als Reliquienbehälter von der jungen – aber armen, christlichen Glaubensgemeinde weiterverwertet. 

 

Römische Saugbecher aus Bronze finden sich in mehreren europäischen Museen ausgestellt. Sie stammen aus sog. "Arztgräbern" und stellen als "pars pro toto" die Gesamtheit der Instrumente des Arztes dar. Sie haben allesamt  eine schlanke Pilzform - das runde Oberteil ist scharf vom Hals abgetrennt und kann einen Ring zum Aufhängen besitzen. Exponate:

- im Science Museum in London "This bronze cupping vessel is from Pompeii, Italy".

- im Wellcome Historical Medical Museum

- Ventouse en bronze recueillie à Martigny (Suisse). Cliché service Archéologique et Fondation Pierre Gianadda, Musée archéologique

- im Museum von Bingen, wo 3 Schröpfköpfe aus dem berühmten lokalen Arztgrab ausgestellt sind,

- das "Kurpfälzische Museum Heidelberg" zeigt 2, aus dünnem Bronzeblech getriebene Glocken, die 1964 bei der Ausgrabung des römischen Gräberfeldes von Heidelberg-Neuenheim ans Licht gekommen waren und zum Inventar eines Arztgrabes aus der ersten Hälfte des 2. Jh.n.Chr. gehören.

 

Exponat

Als besonders "vitrinefähig" stellen wir einen "römischen" Schröpfkopf unbekannter Provenienz vor, erstanden in einem kanadischen Antikladen in Ottawa/Ontario (Certificate of Authenticity) - der Vorbesitzer hatte es in den frühen 60er Jahren in New York erworben. Typischer glockenförmigen Gefäßkörper mit deutlich abgesetztem Hals. Höhe 8.3 cm. Der Rand ist abgerundet, oft auch flach nach außen zurückgebogen. Damit wird ein schmerzhafter Druck des Randes auf die Haut vermieden und eine gute Abdichtung erreicht. Ob echt oder Fälschung, wagen wir nicht zu entscheiden – fragt man Herrn Künzl, braucht man auf die Antwort nicht warten um zu wissen, dass er unecht ist! Wie dem auch sei, das Objekt regt zur Diskussion an über die medizinische Praxis vor 2000 Jahren.

Antike Medizin


Silphium, griechisch-römisches Kontrazeptivum

Münze Kyrenaika 200-100 v.Chr. 

Im Altertum war die Kyrenaika von Berberstämmen, den Libyern, besiedelt, die mehrmals Ägypten angriffen und im 10. Jahrhundert v. Chr. sogar die Herrschaft über Ägypten errangen. Odyssos soll hier mit seinen Kumpanen gestrandet sein. Der berühmte Geschichtsschreiber Herodot (ca. 480-420 v. Chr.) berichtet, wie sich die Bürger von Thera daran erinnern, was die Gründung ihrer Kolonie Kyrene in Libyen veranlasste. Aus diesen Griechenkolonien entwickelten sich bedeutende Städte: Kyrene wurde als griechische Kolonie von Alt-Thera auf der Kykladeninsel Santorin gegründet, und wie überliefert, um 630 v. Chr. von Aristoteles von Thera regiert. Bald legten die griechischen Kyrener Sekundärniederlassungen in Barke, Euhesperides und Taucheira an und prägten mit ihrer griechischen Kultur fast 1200 Jahre lang das Erscheinungsbild dieser Gegend. Nachdem sich Kyrene unter den Battiaden erfolgreich gegen die persischen Achämeniden behauptet hatte, wurde die Monarchie 440 v. Chr. gestürzt. Mit den libyschen Bewohnern der Gegend vereinigte sich Kyrene zu einem Staatenbund, an dessen Spitze ein König (Battos) stand.
Die Kyrenaika wurde im 4. Jahrhundert v. Chr. Teil des Ptolemäerreiches. Nach dem Sturz des Perserreichs wieder unabhängig, gründeten die Kyrenäer unter dem Schutz der ägyptischen Ptolemäer 321 einen Bund von fünf Staaten. 117 ward Kyrenaika zu einem Königreich unter einem jüngern Zweige der Ptolemäischen Königsfamilie umgewandelt. 96 v. Chr. als Cyrenaica unter die Herrschaft Roms und durde 74 v. Chr. römische Provinz.

Das Land war ungemein fruchtbar u. brachte Öl, Feigen, Datteln, Mandeln, Wein, Gurken, Trüffeln, Weizen, wohlriechende Blumen; ferner Vieh, bes. Pferde, Strauße, Bienen, aber auch verheerende Heuschrecken im Überfluß hervor. Zu den klassischen Exportartikeln aber gehörte seit dem 6. Jahrhundert v.Chr. die Gewürz- und Heilpflanze Silphium.

 

SILPHIUM

Silphium (ital. silfio) wuchs einzig in der Kyrenaika, in einem Landgürtel, der 30 Meilen vom Meer entfernt begann, 30 Meilen ins Land hineinreichte und 250 Meilen lang war. Silphium wuchs ausschließlich auf diesem Gürtel, seit, gemäß griechischen Schriftstellern, im Jahre 617 v.Chr. der Boden in der Gegend der Gärten der Hesperiden und der Grossen Syrte plötzlich von einem pechschwarzen Regen durchnässt wurde. Die Wirkung dieses Regens soll sich über 4000 Stadien erstreckt haben. Das Silphium ließ sich trotz mehrerer Versuche andernorts nicht kultivieren, es blieb endemisch in Kyrenaika.
Die Wurzel sei mehr als ellenlang gewesen, und knapp über der Erde habe sich eine Knolle befunden. Diese Knolle soll, wenn man sie anschnitt, einen milchigen Saft abgesondert haben, der sich leicht in Speichel löste. Der Stengel, der darüber wuchs, wurde "magydaris" genannt. Die Blätter des Silphium, die gleichzeitig auch seine Samen waren (?), fielen jeweils beim Frühaufgang des Hundssterns - Mitte bis Ende Sommer - ab. Das Blattwerk galt in der römischen Küche als Gewürz. Innerhalb eines Jahres sei die Pflanze ausgewachsen gewesen. Herzförmige Frucht "phyllon".

Aus den gelben Blütenblättern wurde Parfum hergestellt, die Blätter dienten als Küchengewürz. Wie die Blätter der Pflanze schmeckten, können wir leider nicht sagen; nach ihrem Aussterben wurde Silphion durch den persischen Asant oder Stinkasant ersetzt, der heute als Charaktergewürz Indiens gilt und ein lauchartiges, in hoher Dosis leicht penetrantes Aroma aufweist. In der modernen Wiedergabe antiker Rezepte wird Silphion meist kommentarlos mit dem Stinkasant gleichgesetzt.

 

Mediziner aber schätzten das Harz, das man durch Anritzen aus der Wurzel oder dem Stengel gewann, das "opos". Im Altgriechischen bezeichnete das Wort "opos" jeglichen Pflanzensaft - und findet sich übrigens im Wort "Opium" wieder. Dieser aus den Wurzeln gewonnene "opos" war das besondere Heilmittel. Die Gewinnung des "opos" erfolgte ähnlich wie heute noch bei Asa foetida, indem die kräftige Wurzel in Scheiben geschnitten wurde und der austretende gummiharzhaltige Milchsaft nach dem Trocknen abgeschabt, gesammelt, geknetet und für den Export verpackt wurde.

"En médecine, ses usages étaient multiples. Il pouvait détruire les cors, laver les plaies, les piqûres de scorpion, les morsures de chien, il soignait les ulcères, il détruisait les poisons, traitait les hémorroïdes. En usage interne, il était antispasmodique, traitait la goutte, la jaunisse, la toux, les angines, les migraines, ... Il était aussi utilisé comme moyen de contraception".


Silphium-Saft wurde in unterschiedlichen Zusammensetzungen und Zubereitungen verwendet, unter anderem als Haarwuchsmittel, Lepramittel, bei Husten, Sodbrennen, Fieber, Verdauungsstörungen, Vergifungen, Epilepsie und Schmerzen. Lokal wurde er auf Hühneraugen und andere Verwachsungen appliziert und brannte sie weg (cf. "Wolfsmilch" Euphorbium). Bei Frauen brachte er die Menstruation in Gang und half, die Nachgeburt auszustossen. Silphium-Saft galt als ein natürliches Verhütungsmittel, vermutlich wegen eines östrogenähnlichen pflanzlichen Wirkstoffes, einem Phytooestrogen. Zu diesem Zweck benutzte man ein Getränk aus den Blättern der Pflanze, in Wein aufgelöstes "opos" oder mit Saft getränkte Scheidenzäpfchen ...

 

SORANUS von Ephesus, der unter den Kaisern Trajan (98 - 117) und Hadrian (117 - 138) in Rom praktizierte, empfahl den Frauen wecks Schwangerschaftsverhütung jeden Monat den aus einem erbsgrossen "Opos"-kügelchen zubereiteten Saft zu trinken: woher er das "Opos" bezog ist schleierhaft, galt die Pflanze zu diesem Zeitpunkt doch schon als ausgestorben ... Offensichtlich arbeitete er mit einem "Ersatz", der aus Stinkasant hergestellt und aus Persien und Armenien nach Rom importiert wurde. Neuzeitliche Untersuchunegn haben gezeigt, dass Pflanzen der gleichen Familie (asa foetida) als zuverlässige Nidationshemmer sprich als "Pille danach" agieren, indem sie die Progesteronproduktion blockieren.
DIOSCORIDES (40-90 n.Chr.) und GALEN (129-199 n.Chr.) empfahlen als Antikonzeptivum den Granatapfel. Man weiß heute, daß sich in den Kernen des Granatapfels Östrogen in hohen Konzentrationen befindet. All diese Mittel erklären, wieso es die Römer in den ersten 5 Jahrhunderten unserer Zeitrechnung schafften, ihre Familie auf 1-2 Kinder zu begrenzen …



Zu Beginn war das Silphium demnach eine eher von Frauen benutzte und kontrollierte Medizin. Die Nachfrage nach dem Silphium stieg allmählich ins Unermessliche, und schließlich wurde es sogar mit Silberdenaren aufgewogen. Aufgrund der großen Nachfrage wurde das Silphium übererntet. Aus Geldgier ließen die Pächter des Landes, auf dem das Silphium wuchs, ihr Vieh darauf weiden, um die Bestände zu verknappen und so den Preis in die Höhe zu treiben. Durch den Klimawandel wurde das Gebiet, in dem das Silphium wuchs, zunehmend zur Wüste. Welcher dieser Gründe ausschlaggebend war, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass das Kraut schliesslich ausstarb: das letzte gefundene Silphiumpflänzchen soll an Kaiser Nero geschickt worden sein, der bekanntlich von 54-68 n. Chr. Kaiser war.

 

Die einstige Bedeutung des Silphium für die kyrenäische Wirtschaft lässt sich daran ablesen, dass das Silphium oder Teile davon auf fast allen kyrenäischen Münzen abgebildet war. Ausgestellt wird eine 14 mm grosse, 3.1 g schwere, bronzene Münze aus Kyrene, mit beidseitig (!) einer Silphiumpflanze - eine Münze (Fehlprägung?) aus der Zeit des unabhängigen Königreiches, da während der römischen Besatzung des Landes der klassische Provinzialstyl mit avers dem Kaiserprofil vorherrschte. Der Erhaltungszustand der hier vorgestellten Münze ist leider erbärmlich. Dennoch ziehe ich ein schlechtes Original einer pikfeinen Fälschung vor: zum besseren Erkennen der Pflanze darunter die Skizze einer guterhaltenen Münze mit Kaiserkopf und Silphium.

 

Herkunft der Münze: Privatsammlung in Issaquah, Washington District, USA.

 

Lit.:

André Laronde, Le silphium sur les monnaies de Cyrène, in Bacchielli, Lidiano and Margherita Bonanno Aravantinos (ed.) Scritti di Antichità in memoria di Sandro Stucchi vol. I, Studi Miscellanei . 29. Roma (1996), pp. 157-168, illus.

Antike Medizin


Skalpell 

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Das hier vorgestellte Skalpell besitzt noch seine eiserne Schneide - eher selten bei antiken Funden.

 

Fundort: Südküste Englands

 

Antike


Skalpell (2), Griff

Skalpellgriff, um 100 n.Chr. 

 

lat. scalpellum, bzw. scalpellus, in der gleichen Bedeutung benutzte der Römer das Wort scalprum.

 

Skalpell lat. (scalpellus, scalper, culter)

 

" Von allen medizinischen Instrumenten ist das Skalpell sicher das bekannteste. Auch in diesem Bereich haben die römischen Ärzte wieder einmal einen Standart definiert, denn die Funde unterscheiden sich lediglich im Design der Verziehrungen. Die hier dargestellten Skalpelle stellen den Typ Skalpell mit Spatelende dar. Alle gemachten Funde, die datiert werden konnten, sind nicht älter als die frühe römische Kaiserzeit. Das könnte ein Anzeichen dafür sein, dass dieser Skalpelltyp eine römische Entwicklung ist. Da sich Form und Aussehen in der Kaiserzeit nicht mehr grundlegend ändern, kann davon ausgegangen werden, dass das Skalpell für die römischen Ärzte als ausgereift angesehen wurde.


Der Aufbau des Skalpells ist typisch für medizinische Instrumente der Römer, denn die meisten Instrumente waren zweiseitig benutzbar. Auf der einen Seite das eigentliche Skalpell, auf der anderen Seite ein myrtenblattförmiger Spatel, der dazu genutzt werden konnte, den mit dem Skalpell gemachten Einschnitt auseinander zu drücken, ohne ein anderes Instrument in die Hand nehmen zu müssen. Die Form der Klingen und der Spatel variieren sehr stark von Skalpell zu Skalpell und können als Spezialisierung der Skalpelle für bestimmte Aufgaben angesehen werden. Der Griff der Skalpelle besteht in der Regel aus Bronze, die Klinge hingegen aus Eisen, was auch erklärt, warum die Skalpelle meist ohne Klinge gefunden werden, da die Eisenklinge im Boden schneller vergeht als der Bronzegriff.


Um die Klinge am Griff zu befestigen, wurde der rechteckige Schaft am Griff mit einem schmalen Einschnitt versehen, der in einer Bohrung endete. In der Bohrung konnte dann die Klinge fixiert werden. Abgebrochene oder schartig gewordene Klingen konnten so ausgetauscht werden, ohne das komplette Skalpell entsorgen zu müssen. Da die Skalpellgriffe zum Teil kleine Kunstwerke waren, ist es erst recht verständlich, dass die Klingen ausgetauscht werden konnten.


Die Griffe der Skalpelle waren je nach Geldbeutel des Auftraggebers reich verziert. Oft wurden die Griffe mit Tauschierungen versehen, bei denen in eine Rille ein Metalldraht (z.B. Gold oder Silber) festgehämmert wurde. Es kann davon ausgegangen werden, dass so manches Skalpell bereits in der Antike nahezu unbezahlbar teuer war. In unserer heutigen Zeit wird man Mühe haben, einen Handwerker zu finden, der diese Kunst überhaupt noch beherrscht. Die Verzierungen waren vielfältig und reichen von Kreisen und Punkten über Efeuranken bis zu figürlichen Motiven wie zum Beispiel Vögel. Um schöner auszusehen, wurden die Griffe aber zum Teil auch mit Querwülsten zwischen Spatelende und Schaft versehen"
(zit.: https://www.antike-heilkunde.de/).

 

Mehrere griechische und römische Reliefs überliefern uns die Form der damals gebräuchlichen Chirurgenmesser, ein Relief aus römischer Kaiserzeit zeigt Messer mit runden Klingen und Spatelgriff, zwei Messer mit schmaler gekrümmter Klinge. Die runden Klingen konnten unterschiedlich lang und mit verschiedener Krümmung sein - je nach Verwendungszweck:
"sowohl spitze wie breite Messer zu verwenden, also nicht in allen Fällen einunddasselbe" zu benutzen (Der Arzt, Kap. 6).
"zum Schröpfen verwende man gebogene, an der Spitze nicht allzu schmale Messer" (Der Arzt, Kap.7).

 

Häufiger als die korrosionsanfälligen Stahlklingen haben sich die Messergriffe erhalten, die meist als Spatel ausgebildet sind. Diese Grifform ist so charakteristisch, das sich allein an ihr chirurgische Messer identifizieren lassen, auch wenn die Klingen verloren sind: zumeist war der bronzene Messergriff (lat. manubrium scalpelli) zu einem myrtenblattförmigen, beidseitig stumpfen Spatel ausgebildet, mit dem Varizen, Leistenbrüche, oder Tumoren nach der Durchtrennung der darüberliegenden Haut freipraepariert werden konnten, ohne dabei Blutungen auszulösen.


Einige spätrömische Messer zeigen Einlegearbeit aus Gold oder Silber im Schaft: Cave, Prominentenchirurg am Werk - das könnte teuer werden!

 

Der kräftige, im Querschnitt rechteckige oder runde Griff hatte am oberen Ende eine schlitzförmige, innen stabartig erweiterte Einlassung, in die die Klinge mit einer Nut eingepasst wurde - sie konnte nach Abnutzung entfernt und durch eine neue ersetzt werden.
"Das Heft trägt an seinem einen Ende einen mehr oder weniger tiefen Einschnitt, der bald in seiner Länge die gleiche Breite zeigt, bald jedoch sich nach der Mitte des Heftes zu gleichmäbig verjüngt. An seinem Ende aber verbreitert der Einschnitt sich wieder in der Weise, dab sein Querschnitt an dieser Stelle kreisförmig ist. In diesen Einschnitt passt nun das zur Befestigung im Heft bestimmte Ende der Klinge genau hinein. Die walzenförmige Verbreiterung hatte dabei den Zweck, ein Herausgleiten oder unfreiwilliges Herausdrücken der Klinge aus dem Heft zu verhindern" (*).

Diese Verbindung von Klinge und Griff bewährte sich so sehr, dass man sie in Kleinasien ebenso wie in Griechenland und Italien, Deutschland und England antrifft.

(*) Th. Meyer-Steineg und Sudhoff, Geschichte der Medizin im Überblick mit Abb. 1922, S. 17.

Fundort: Trier, am sog. Fleischmarkt
Länge 110 mm

Antike


Spatel

Töpferwerkzeug? 

Viele der in den Antikensammlungen praesentierten sog. "chirurgischen Geräte" sind Utensilien von römischen Handwerkern, die vermutlich eher Patient als Arzt waren ...


Jeder Stab, dessen Ende verdickt und zur Olive (lat. baca, bacula) geformt war, konnte als Sonde (lat. specillum) benutzt werden, mit der die Ausdehnung einer Verletzung ertastet werden konnte.

Die 5 hier vorgestellten Spachteln und Griffel dienten vermutlich zur Glättung und Dekorierung von Töpferware oder zum Beschreiben bzw. Glätten einer Wachs-Schreibtafel. Nichts aber hinderte den Chirurgen daran, sie für seine Zwecke zu benutzen ...

Antike


Spatelsonde

 

Spatelsonde (lat.: spathomela)

Dieser Sondentyp ist eines der Mehrzweckgeräte, die vermehrt im nicht-medizinischen Kontext genutzt wurden (s. Löffelsonden) und somit keine alleinige Bestimmung eines Arztgrabes erlaubt. Die Ausformung gleicht dem Endteil des Skalpells, ist also flach und oft mit Mittelgrat versehen.

Im medizinischen Bereich konnte er z.B. als Zungenspatel benutzt werden oder, ähnlich dem Skalpellgriff, um Wundränder auseinander zu schieben. Zudem läßt sich dieser Typ besonders für alles nutzen was mit Reiben, Rühren und Auftragen zu tun hat.

Das Blatt des hier vorgestellten Spatels ist auf der einen Seite flach, auch der andern Seite mit einem Grat versehen, woduch einen grössere Längs-Stabilität erreicht wurde. Blatt mit eleganter Einkerbung an der Basis.

Länge 143 mm, Grösse des Blattes 64x12 mm, Griff auf einer Länge von 57 mm siebenkantig, der dann folgende, abgebrochene Griff auf der erhaltenen Länge von 16 mm mit angedeutet ovalem Querschnitt.

Pompei
Pompei
Pompei

Antike Medizin


Specula aus Pompei

Pompei 1
 

Das Unternehmen Underwood&Underwood wurde 1881 in Ottawa, Kansas, von den Brüdern Elmer Underwood und Bert Elias Underwood gegründet. 1887 zog die florierende Firma nach New York.

 

1895 wurden von der Fa. Underwood mehrere Aufnahmen in Italien getätigt, u.a. eine solche im Museum von Neapel, wo die Ausgrabungsgegenstände aus dem "Hause des Chirurgen" aus Pompei aufbewahrt und ausgestellt waren.

 

Während alle Aufnahmen in historischen Büchern zweidimensional sind, vermitteln die Underwood'schen Aufnahemen einen dreidimensionalen Blick auf die Objekte – sie erscheinen "zum Greifen nah".

 

Berechtigte (?) Zweifel am römischen Ursprung dieser Instrumente hegt der in Deggendorf/Bayern lebende Ingenieur Andreas Tschurilow, der glaubt Beweise vorlegen zu können, denenzufolge Pompei noch im 17. Jahrhundert bewohnt war. Insbesondere stört ihn das Gewinde des Speculum uteri.

"Ohne Drehwerkbank? Soweit ich weiß, sind Schrauben mit viereckigen Muttern erst gegen Ende der Renaissance aufgetaucht und wurden nur manuell mit Feilen gefertigt. Das erste Projekt einer Werkbank für die Herstellung von Schrauben hat Besson (Frankreich) 1569 angeboten. Aber seine Idee in die Praxis umgesetzt hat erst ein Uhrmacher namens Hindli (England) 1741. Von Leonardo da Vinci ist eine Skizze einer weiterentwickelten Maschine - des Prototyps einer Spitzendrehmaschine - erhalten geblieben. Er hatte gleich mehrere revolutionäre Ideen: erstens konnte man mit Hilfe eines Satzes von Zahnrädern die mit Gewindeteilung geschnittene Schraube einstellen, zweitens befand sich der Gewindemeißel nicht in der Hand des Arbeiters, sondern befestigt in dem Werkzeugschlitten, drittens wurde eine konstante Drehrichtung verwendet. Das heißt, Gewinde von solcher Qualität, wie ich sie im Neapolitanischen Museum sah, können nicht früher als Ende des 15. Jahrhunderts sein".

Stammen die Instrumente also aus der Werkstatt eines Schmiedes aus dem 17. Jahrhundert? Und hat der "römische Chirurg" in Wirklichkeit im 17. Jahrhundert praktiziert?

 

Herkunft: Cardiff/UK. Das Stereoskop ohne Herstellerangabe

Antike Medizin


Standglas

Glas römisches 2
 
 
 
In einem Legionslager wie in Vindonissa musste der Militärarzt nicht nur alltägliche Beschwerden wie Erkältungen, Zahnschmerzen oder Augenleiden behandeln, sondern auch offene Wunden und gebrochene Knochen. Dazu verwendete er 
- Weihrauch (Olibanum), der Blutungen stillte und Wunden reinigte.
- das echte Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea) und der
- Spitzwegerich ( Plantago lanceolata ) sollen die Wundheilung beschleunigt haben (fanden auch Verwendung bei den offensichtlich sehr häufigen Augenerkrankungen). 
- Bockshornklee (Trigonella foenum-graecum) bei Brandwunden.
- das schwarze Bilsenkraut (Hyoscyamus niger) und
- die Alraune (Mandragora officinarum) waren als Schmerz- und Betäubungsmittel sehr gefragt.
 
Das wohl meistverwendete Betäubungsmittel der Antike war jedoch die «Träne des Mohns» (Papaveris lacrima), heute bekannt als Opium. Dieses wurde in Form von Pillen eingenommen und oft mit Wein vermischt, um die Wirkung zu verstärken. Opium fand aber auch als Bestandteil von Salben, sozusagen als Lokal-anästhetikum, Verwendung.
 
 

Duftstoffe waren als wirksame Heilmittel bekannt. Nachgewiesen wurde, daß

- inhaliertes Muskat-, Thuja- und Zitronenöl Husten lindern können.

- Fichtennadel- und Rosmarinöl als Badezusatz eine anregende Wirkung besitzen,

- Lavendelblüten-, Hopfen-, Bitterorangen- oder Lindenöl entspannend und schlafanregend wirken.

 

Auch mineralische Heilmittel standen dem römischen Arzt zur Verfügung. Gegen bakterielle Entzündungen der Wunden setzte er Giftstoffe ein - in Fläschchen bewahrte er Alaun, Schwefel, Grünspan und Bleioxid auf.

 

Exponat

Ob das hier vorgestellte Glas einst Rosenöl enthielt, mit dem eine schöne Römerin ihr Gesicht erfrischte? Oder Tinte, mit der ein Arzt seine Rezepte zu Papyrus brachte? Oder Grünspan?

Die irisierende Oberfläche weist auf einen längeren Aufenthalt in der Erde hin. die Irisierung ist eine Folge der Verwitterung, KEIN "römischer" Farbeffekt.