Chirurgie


Werksspital (2) Esch/A

 

1872 wandte sich die Hochofengesellschaft A. Metz & Co an den Konvent der Barmherzigen Brüder in Luxemburg mit der Bitte, die ambulante Versorgung der erkrankten Werksangehö- rigen zu übernehmen. Bereits 1872 war daraufhin ein erster Barmherziger Bruder in Esch/Alzette tätig, 1873 waren es schon 2. Die Patienten wurden zunächst in den Kantinen des Hüttenwerkes verpflegt.

In der heutigen Leon Metz-strasse liessen die Besitzer der "Metze Schmelz" 1873 ein 30-Betten Hospital zur Versorgung der Werksangehörigen errichten: ein äusserlich mächtiger, mit seinen Treppengiebeln etwas altertümlich anmutender Bau, dessen Innenraum jedoch sehr sinnvoll und der damaligen Zeit entsprechend aufgeteilt war.
Am 15.11.1873 wurde ein Vertrag mit den Barmherzigen Brüdern unterzeichnet, die nun auch die stationäre Betreuung der Metz'schen Patienten übertragen bekamen.

Die ersten Kranken wurden am 17.9.1874 aufgenommen - zunächst nur Angestellte und Arbeiter der Fa. Metz, später aber auch Arbeiter aus andern Betrieben. Als infolge der Bevölkerungsexplosion im Minettebecken das Krankenhaus zu klein wurde, errichteten ARBED und Stadtverwaltung in den Jahren 1926-29 ein neues städtisches Krankenhaus. Sämtliche Patienten des "Brüderkrankenhauses" wurden dorthin verlegt. Das Haus beherbergt seither das «Altersheim Esch, Barmherzige Brüder».

Besonders häufig waren in den unterirdischen Gallerien die Zerquetschungen von Extremitäten - gegen sie war kein Kraut gewachsen. Zweithäufigste Verletzung waren Kopfverletzungen durch herunterfallendes Gestein. Dagegen hätte eine vernünftige Kopfbedeckung geholfen... Doch begannen unsere Bergarbeiter erst um 1900/1910 damit, die zur Landestracht gehörenden Mützen und Bérets durch Schutzhelme zu ersetzen! Zunächst trugen sie Helme aus Leder, ab 1930 Helme aus Kork und ab 1940 Helme aus Kunststoff. Hinter vielen Verletzungen - das hört sich sehr unfein an - stand der Suff: ein halber Liter Branntwein am Tag war keine Seltenheit. Die Promille öffneten den Uuvorsichtigkeiten Tür und Tor ...

Chirurgie


Werksspital (3) Rümelingen

 

Rümelingen erlebte ab 1866 einen massiven Zuwachs seiner Bevölkerung: das Erzgeschäft "boomte".
1874 etablierte sich ein Arzt - Dr. Auguste FLESCH - im Orte, im gleichen Jahr richtete Henri SCHROELL die erste Apotheke im Ort ein. Auf diesem medizinischen Hintergrund versteht man das Projekt, eine Niederlassung von Krankenschwestern für Rümelingen zu erreichen und ein Spital für die Arbeiterfamilien zu schaffen.

Zusammen mit den kirchlichen Behörden bemühte sich der Industrielle Nicolas GONNER (1824-1908), in Rümelingen eine Niederlassung der 1849 in Niederbronn/ Elsass gegründeten Kongregation der Schwestern vom Göttlichen Erlöser zu erhalten. Die den Schwestern 1874 zugewiesenen Räumlichkeiten im ehemaligen Brauhaus "a Minessen" erwiesen sich schnell als zu klein für ein Spital, mussten aber bis zur Fertigstellung des von Gonner in Angriff genommenen Neubaues beibehalten werden - 1876 endlich konnten die Schwestern mitsamt ihrer Miniklinik in diesen Neubau im Herzen der Ortschaft einziehen...

Allmählich wurden nicht nur Kranke und Verletzte aus den Gonner'schen Gruben aufgenommen, auch Patienten aus andern Gruben und Werken wurden im Hospital aufgenommen. Die Arbeiter hörten nicht auf, in das Erzbecken einzuströmen:
„Rümelingen, 28. Nov. Täglich treffen hier ganze Scharen von Italienern ein“ (Luxemburger Post vom 28.11.1899).

Da das Operationszimmer der Klinik zu klein und unzulänglich ausgefallen war und sich die Schwestern über das Fehlen einer Kapelle beklagten, war eine Erweiterung des Hospitales fällig. Des Wartens müde tätigten die Krankenschwestern 1899 auf eigene Kosten einen Anbau: Gonner hatte zwar das hierzu erforderliche Grundstück hergegeben, Eigentümerin dieses Anbaus aber war Schwester Geralda. Das neue Operationszimmer war geräumiger, liess aber immer noch jeglichen Komfort vermissen, da Rümelingen erst 1902 an ein öffentliches Wassernetz, und erst 1906 an eine öffentliche Gasversorgung angeschlossen wurde.

Mit dem Ende des 1.Weltkrieges ging es mit der Eisenindustrie in Rümelingen bergab: erst schloss die Fabrik (1918), dann das Zementwerk (1925). Die finanzielle Schieflage vereitelte die Neubaupläne - das alte "Minièr's Spëdôl" wurde durch die fehlenden Investitionen zunehmend in die Rolle eines Alters- und Invalidenheimes gedrängt.

1957 zogen die alten Leute zusammen mit den Schwestern in ein neuerbautes Altenheim, das am 10.8.1957 eingeweiht wurde. Wenn auch die (1913 gegründete) Rockefeller-Stiftung von New York die Stürme der Zeit überdauerte und heute eine der bedeutendsten medizinischen Forschungsstätten geworden ist, so hatte unser "Minetts-Rockefeller", wie Gonner manchmal betituliert wird, weniger Glück mit seinen medizinischen Ambitionen. Das Haus an der Place Gr.-Duchesse Charlotte (Ansichtskarte mit Ausschnitt, 1956) wurde "Crèche" und "Foyer de jour" und wurde schliesslich 1998 durch Neubauten ersetzt, in denen u.a. ein "Centre intégré pour pour personnes âgées" untergebracht ist.

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Werksspital (4) Rodange

 

1872 wurde von den Industriellen Brüdern Charles und Jules Collart und dem Grubenbesitzer Thomas Byrne die "Société Anonyme des Hauts-Fourneaux de Rodange" gegründet.

Der unternehmungs- lustige Pfarrer von Rodange Nikolaus GLODEN nahm sich der Kranken und Verletzten seines Sprengels an und gründete 1876 ein Spital, das dem Hl. Joseph geweiht war. Die "Société anonyme des Hauts fournaux", in der er Gründungsmitglied war, zahlte ein Kapital von 12.000 Franken ein und erwarb damit das Recht, während 50 Jahren ständig 2 Kranke oder verletzte Arbeiter im Spital pflegen zu lassen. Unter diesem Aspekt war das Spital ein Werksspital.
"Differdingen, 28. Febr. Der am 19. ds. in einer auf hiesigem Banne gelegenen, der Gesellschaft de Gerlach zugehörigen Grube verunglückte Lanners J.P. 31 Jahre alt, Bergmann aus Reimberg, ist am gestrigen Tage im Orphelinat zu Rodingen in Folge der erhaltenen Verletzungen gestorben" (Luxemburger Wort vom 1.3.1884).

1885 finden wir zum 1. Dezember 6 Kranke im Spital, gepflegt von den Schwestern der "Armen Dienstmädchen Christi". Letztere betreuten Spital und Waisenhaus von 1877-89 (Donkel, S. 177). GLODEN versuchte, die Barmherzigen Brüder am Rodinger Spital zu interessieren, da diese seit 1873 in Esch-Alzette mit viel Erfolg ein Spital betrieben. Die finanziellen Forderungen der Brüder wurden aber in einer Sitzung des Verwaltungsrates des Hüttenwerkes am 24.8.1890 abgelehnt.

Dann brach dier Katastrophe herein: am 16.9.1886 verbrannten die gesamten Gebäulichkeiten:
"Rodingen, 17. Sept. Von einem grossen Unglück wurde das hiesige Orphelinat heimgesucht. Gestern Nachmittag um fünf Uhr brach in der Scheune der Anstalt eine Feuersbrunst aus, welche das ganze Waisenhaus in Asche legt. Das Feuer griff mit rasender Schnellligkeit um sich; wegen Mangels an Wasser konnte nichts erhebliches geleistet werden. Fast der ganze Mobiliarbestand ward ein Raub der Flammen. Der zu dieser Seite gelegene Theil des Dorfes stand in der grössten Gefahr, dem verheerenden Element zum Opfer zu fallen. Gegen 5½ Uhr ergriffen die Flammen das Wohngebäude der Anstalt. Glücklicher Weise konnte das Feuer auf die Anstalt beschränkt werden; dieselbe ist gänzlich eingeäschert; der Schaden wird auf ungefähr 175.000 Fr. veranschlagt, derselbe ist aber durch Versicherung gedeckt. Die Feuerwehren von Longwy und Athus langten zur Hülfeleistung an der Brandstätte an und zeichneten sich ganz besonders Letztere aus. Zum Glück ist kein Menschenleben zu beklagen. Die Kinder wurden in einem der Anstalt gehörigen, 2 Kilometer entfernten Pachthofe, sowie bei hiesigen Einwohnern untergebracht. Eine Kuh und mehrere Schweine kamen um. Über die Entstehung des Feuers ist nichts bekannt" (Ardenner Zeitung vom 22.9.1886)

Am 29.5.1890 wurde das Gebäude von der Hochofengesellschaft aufgekauft, mit dem Hintergedanken, hier ein grösseres überregionales Spital einzurichten. Die verbliebenen Waisenkinder wurden am 1.12.1890 auf andere Heime des In- und Auslandes verteilt bzw. als Arbeiter von der Rodanger Hütte übernommen. 1892 wurde die erste Etage des Hauses in 4 Wohnungen für Angestellte umgebaut.
1893 richtete Dr. LEHNERTS, Arzt des Hüttenwerkes und langjähriger Sekretär des Waisenwerkes, in der INFIRMERIE des früheren Waisenhauses das Spital des Hüttenwerkes ein, mit 6 Betten! Doch wurde der Spitalbetrieb bald aufgegeben, das ganze Haus mit sozialen Wohnungen belegt. Nach dem ersten Weltkrieg wurden ein Turnverein und die Pfadfinder in das Haus aufgenommen. Ihnen gesellte sich 1934 eine Jugendherberge zu, die bis 1962 hier verblieb. 1964 wurde das inzwischen baufällige Gebäude (die Fussböden senkten sich, die Mauern wurden krumm, da das Fundament des Hauses nicht tief genug angelegt war) eingeebnet ...

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Werksspital (5a) Düdelingen

 

Düdelingen war um 1882 ein gottverlasse- nes 1600-Seelennest, das schlecht und recht von Ackerbau und Viehzucht lebte; eine Eisenbahnverbindung bestand nicht. Dann erfolgte in schneller Folge die Industriali- sierung der Ortschaft: am 5.7.1882 wurde der "Eisenhütten- Actien- verein Düdelingen" gegründet, die Statuten am 25.7.1882 durch grossherzogl. Beschluss angenommen wurden, am 4.8.1882 trat der Verwaltungsrat ein erstes Mal zusammen, um die Baupläne für das Eisenwerk gutzuheissen, die von Ingenieur R.M. Daelen aus Düsseldorf stammten. Im November 1882 wurde der Grundstein des Werkes gelegt. Die Eisengiesserei nahm schon 1883 ihren Betrieb auf, Am 18.3.1886 wurde die erste Charge Stahl geblasen, nach dem neuartigen Thomas-Verfahren, am 21.4.1886 ging auch das Walzwerk in Betrieb...

Infirmerie
Düdelingen entwickelte sich mit der Geschwindigkeit eines Pilzes: von 1882-85 verdoppelte sich die Bevölkerung. Die rege Aktivität im Werk verstärkte den Ruf nach einer angepassten medizinischen Infrastruktur. Schon unter dem ersten Werksdirektor Jean Meyer (1882-1897) wurde am 24.1.1884 ein Gesundheitsdienst eingeführt: eine erste Krankenstation (Infirmerie) wurde 1885 auf dem Werksgelände eingerichtet, in dem Hause, in dem sich später das sog. Zentralmagazin befand. Das Krankenrevier bestand aus ganzen 8 Betten - die Krankenstube brannte schon wenige Jahre später ab und musste ersetzt werden...

Erstes Spital Am 10.2.1894 genehmigte der Verwaltungsrat der Fabrik die Pläne für den Bau eines 16-Bettenspitales. Daraufhin entstand 1895 in unmittelbarer Nähe zum Haupteingang der Hütte, in der r. de Volmerange, das neue Werksspital (Bild): Baukosten knappe 60.000 Franken - eine damals stolze Summe.

Ärzte der Schmelz
Von April 1884 bis 1887 behandelte Dr. Pierre METZLER (1857-1940), bei einem Jahresgehalt von 5000 Franken, alle Arbeiter und Beamten des Hüttenwerkes, von 1887 bis Oktober 1893 war Dr. August WEBER (1852-1936) Werksarzt. Ab Dezember 1893 war Dr. Prosper LECLERE (1862-1917) Werksarzt. Am 1. Januar 1896 wurde er Direktor des Spitals.

Pflege im Haus
Die Verwaltung des Hauses wurde den Franziskanerinnen übertragen, als Krankenpfleger wurde Michel LINDEN angestellt ("de Krankemisch").

Das Krankenhaus blieb bis 1907 in Dienst - parallel zum Neuen Krankenhaus auf der Deichhöhe. Auch da noch blieb es mehrere Jahre Erste-Hilfe-Station für Notfälle in der Hütte. Das Gebäude diente dann als Verwaltungsgebäude für die Krankenkasse, später als Laboratorium. Es wurde schliesslich 1986 niedergerissen.

Lit.:
Jean-Pierre Conrardy, Über die Anfänge der 100-jährigen Düdelinger Schmelz, in: Luxemburger Wort vom 29.5.1982.
Mil Biver, Pflege der Verletzten bereits ab 1885, in: Luxemburger Wort vom 3.10.2007.

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Werksspital (5b) Düdelingen

 

1901 dotierte sich das Werksspital mit einer Isolierabteilung, die abseits auf einer Anhöhe im Ortsteil "Deich" errichtet wurde.

In dem grossen Garten, der diesen Isolier-Pavillon umgab, wurde 1903 ein 42-Bettenhaus in Betrieb genommen:
- in einem grossen Saal lagen 24 Männer,
- 12 weitere waren in 4 Dreibettzimmern untergebracht.
- für 6 Frauen gab es einen Frauensaal.
Ein Operationszimmer, ein Sterilisations- und ein Röntgen- zimmer ergänzten die Einrich- tung.

Das Haus musste 1908 und 1921 vergrössert werden und fasste nun 130 Betten. 1922 wurde eine Entbindungsabteilung angefügt. 1928 wurde eine neue Isolierabteilung am Eingang des Parks errichtet, wo tuberkulöse Patienten untergebracht wurden. 1947 wurden sämtliche Gebäude eine Etage aufgestockt, Ende der 50er Jahre wurde der heutige Südflügel erbaut.

Von 1967 bis 75 war das Haus mit dem Escher Spital fusioniert. Seit dem 1.1.1976 ist die Gemeinde Düdelingen alleinige Besitzerin des Spitals. Grosse Renovierungen sollen die Zukunft des Spitals sichern - das trotz aller Anstrengungen weiterhin einer ungewissen Zukunft entgegensieht...

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Werksspital (6) Steinfort

 

1898 kauften die Gebrüder Charles und Jules Collart ein Immöbel, in dem sie ein Spital nebst Schule einzurichten gedachten. Sie erwarben am 15.7.1898 ein den Eheleuten Clement- Sadler gehörendes Anwe- sen, bestehend aus einem Wohnhaus, einem Stall, Schuppen (bebaute Fläche 6,8 Ar gross), an der Hobscheider Strasse gelegen, mitten im alten Dorf. Zusammen mit den Gärten hatte das Anwesen ein Areal von 14,3 Ar.
- Das Wohnhaus (Mitte des Bildes), ein aus dem frühen 19. Jh. stammendes schlichter Bau (es wird schon 1824 erwähnt), wurde um eine Etage aufgestockt und als Wohnung für das Hauspersonal (sprich die Franziskanerinnen) umgebaut.
- In einem anstossenden Neubau (rechts im Bild) wurden Krankenzimmer, eine Spielschule und eine Haushaltungsschuke eingerichtet.

Nach Fertigstellung der Arbeiten schenkten die H.H. Charles und Jules Collart am 15.11.1898 dem Franziskanerorden das gesamte Areal mit sämtlichen darauf befindlichen Gebäuden, dem erforderlichen Material und den benötigten Utensilien. Im Schenkungsakt miteinbegriffen war ein Geldbetrag von 15.000 Franken, sowie laut notariellem Akt eine Kuh und ein Schwein.

Am 13.11.1900 übernahmen die Schwestern das inzwischen an der Stelle der ehemaligen Ställe neuerbaute Spital. Im Spital wurde die 600 Mann starke Belegschaft der Fabrik versorgt, aber auch andere Patienten aus der Region.

1930 nahm die Aktivität der Fabrik ab, das Elektrostahlwerk und zwei der drei Hochöfen wurden stillgelegt; als das Schmelzwerk im Oktober 1932 vollends stillgelegt wurde, wurde die Klinik allmählich zum Altersheim, und als 1957 das "neue Spital" erbaut wurde, schwanden die letzten Patienten. Die Kongregation der Franziskanerschwestern fasste darum am 27.10.1957 den Beschluss, das "Alte Spital" an die Caritas zu verschenken. Der Vorschlag wurde am 21.1.1959 vom Bistum gutgeheissen, am 23.3.1959 erfolgte die Einwilligung des Gemeinderates Luxemburg mit der Schenkung, am 26.2.1960 wurde die Schenkungsurkunde in der Amtsstube von Notar E. Kintgen in Luxemburg unterzeichnet. Die Steinforter Patienten wurden ab 1957 im Interkommunalen Krankenhaus betreut. im "Alten Spital" verblieb nur die Spielschule, 1964 endete auch diese Aktivität, als die neue Spielschule der Gemeinde fertiggestellt war. Das Gebäude verfiel nun zusehends, zum Ärger der Anwohner. Die Caritas beauftragte einen Experten um die Kosten einer etwaigen Sanierung abzuschätzen: der ältere Gebäudeteil wurde als baufällig eingestuft, die Renovierung der anderen Teile erschien unrentabel. Am 14.12.1990 teilte der zuständige Minister der Gemeinde mit, die Caritas wolle das Gebäude nun verkaufen - die Gemeinde selber aber hatte keinerlei Interesse am Erwerb der vetusten Mauern. 1993 erfolgte der Abbruch.

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Werksspital (7) Niedercorn

 

Die bergrechtliche Gewerkschaft "Dannenbaum" wurde 1868 in Bochum gegründet zur Förderung der Steinkohle. 1873 wurde die Organisation in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und 1878 wieder zurück in eine Gewerkschaft. 1889 übernahm ein Konsortium des Bankhauses Rothschild die Zeche und brachte die Zechen "Prinz Regent", "Eulenbaum" und "Friederika" in die nun wieder als AG firmierende Gesellschaft "Dannenbaum" ein.
1899 ging die Gesellschaft auf die "S.A. des Hauts-Fourneaux de Differdange" über, und belieferte fortan die [1896 gegründete] Differdinger Schmelz mit Kohle.

Die zahlreichen Verletzten des Differdinger Werkes wurden 2 Jahre lang mit dem Pferdewagen nach Esch gefahren, wo sie im Spital der ARBED versorgt wurden - auf Dauer eine unhaltbare Situation. Die Differdinger Hüttenherren erwogen deshalb, vor Ort ein Hospital für ihre Arbeiter und Angestellte zu errichten. Direktor Max Meier von der „Deutsch-Luxemburgischen Hüttengesellschaft Dannenbaum“ fand in Niederkorn ein geeignetes Gebäude [das Haus des Gerbers Jean-Pierre Paquet, zu dem er gute Beziehungen pflegte, lieferte dieser Paquet doch das Spremgmaterial für die Grube]. Das Paquet'sche Haus wurde umgebaut, das Hospital konnte seine Tore am 5.4.1901 eröffnen.

Den aus Esch gut eingeführten Barmherzigen Brüdern von Maria-Hilf, den "Frères de Saint-Jean de Dieu", wurde die Verwaltung des Niederkorner Hauses übertragen. In den 50er Jahren machten sich Nachwuchsprobleme bei den Barmherzigen Brüdern bemerkbar. Als die Kongregation der Werksleitung die Absicht erklärte, die Brüder aus dem Niederkorner Spital abzzuerufen, bemühte sich Generaldirektor Chrétien persönlich mit großer Entschlossenheit um das Dableiben der Krankenbrüder - die Ordensleitung gab schließlich nach. So oblag die Pflege weiter den "Frères de la Charité", bis zum Juni 1974, als die Situation unhaltbar wurde. Die Brüder verliessen das Niederkorner Spital im Juni 1974, um nur noch in der ambulanten Krankenbetreuung aktiv zubleiben.

Wohl war das Niederkorner Spital nicht so geräumig wie dasjenige aus Esch, dennoch bot es 30-40 Kranken bequemen Platz. Das Ganze machte einen anheimelnden Eindruck. Besonders der Garten mit seinen plätschernden Wassern wurde von den Patienten viel aufgesucht. A propos Garten:
"Im Garten des hiesigen Spitals errichtet man zur Zeit ein Totenhaus. Dadurch wird einem ganz grossen Übelstande abgeholfen, denn die Leichen, die früher vom Hüttenwerk gebracht wurden, mussten mangels eines geeigneten Raumes zuerst im Keller geborgen werden, ehe man dieselben in einem schmalen Gang aufbahren konnte. Die Räume des Spitals erweisen sich als viel zu klein für die vielen Kranken, die zeitweilig dort untergebracht sind" (Luxemburger Wort vom 25.11.1905).

1906 wurde der seit dem Vorjahr in Differdingen niedergelassene Félix HESS (1878-1964) Chefarzt des Spitals.

"Differdingen, 20. Okt. Auf einer Grube des Hüttenwerkes Düdelingen wurde der Hauer J.P. Dury von einer Ramme überfahren. Der linke Fuss sowie ein Teil des Oberbeines wurde gänzlich zermalmt. D. wurde nach dem Krankenhaus in Niederkorn verbracht" (Ardenner Bauer vom 23.10.1912).

« Während dem Transport von belasteten Förderwagen wurde er [Johann Weyland] von einem nachfolgenden Waggon so heftig angestossen, dass er zu Boden fiel und der linke Arm ihm von einem Wagenrad abgefahren wurde. Er erhielt Aufnahme im Krankenhaus zu Niederkorn » (Escher Tageblatt vom 22.9.1913).

« Differdingen. ... Er [Kaspar Zimmer] stürzte aus einer Höhe von ca. 10 Meter von der Laufbühne herunter und zog sich einen Schädelbruch und einen Bruch des linken Oberbeines zu. Er wurde ins Hospital nach Niederkorn eingeliefert, wo er bald darauf an den erlittenen Verletzungen starb » (Escher Tageblatt vom 8.1.1914).

1918 wurde das Haus durch einen Brand schwer in Mitleidenschaft gezogen:
"Niederkorn, 14. Okt. Am Freitag Morgen gegen 4 Uhr entstand im Hüttenspital zu Niederkorn an dem neben der Hauskapelle gelegenen alten Flügel, wo die Kranken untergebracht sind, auf bisher unerklärliche Weise eine heftige Feuersbrunst, die sich über die ganze Seite bis zum Leichenhause ausdehnte. Die Kapelle sowie der Neubau des Krankenhauses konnten gerettet werden, während die bisherige Krankenwohnung zerstört wurde. Die Einrichtung des Operationssaales sowie des Röntgenzimmers konnte ebenfalls gerettet werden, während das auf dem Speichen in Folge des Neubaues aufbewahrte Bettzeug vollständig verbrannte" (Obermoselzeitung vom 15.10.1918).

1920 wurde das Spital von der Hüttengesellschaft HADIR übernommen. 1958 wurde dank großzügiger Kredite der HADIR neben dem Spital eine neue Kapelle eingerichtet, die am 4.3.1958 feierlich eingeweiht wurde. Diese Maßnahme sollte helfen, die Ordensbrüder am Wegzug zu hindern.
1967 wurde das Differdinger HADIR-Werk an die ARBED übergeben - so auch das werkseigene Spital, das am 31.7.1967 offiziell übergeben wurde; vier Jahre später, am 22.4.1971, reichte die ARBED das Haus an die Gemeinde Differdingen weiter. Die aber hatte für ein derartiges Spital keine Verwendung! Am 6.6.1978 wurde der Klinikbetrieb eingestellt.

Ab Januar 1979 wurde in dem "Aale Spëdôl" ein Pflegeheim eingerichtet, doch war das vetuste Haus auch für diese Verwendung ungeeignet - der Betrieb wurde 1982 eingestellt, nachdem man die letzten Insassen in das [durch den Umzug des Differdinger Spitals in das "Hôpital Marie-Astrid" von Niederkorn freigewordene] alte Differdinger Spital verlegt hatte. Das Haus in der avenue de la Liberté wurde am 16.6.1986 abgerissen. An seiner Stelle wurde eine verkehrsgerechte Straßenkreuzung angelegt, an der der Weg ab zum neuen "Hôpital Marie-Astrid" abzweigt. Nur das stählernes Denkmal "Orgel" von René Goerres erinnert an die einstige Klinik...

Lit.:
Nicolas Kremer, E Liewe fir déi aner, die Barmherzigen Brüder in Luxemburg, in: Letzebuerger Sonndesblad no.51 (16.12.1951) S. 601, 612, 625.
M.M., Spital Niederkorn, in: Revue n°12 vom 22.3.1958.
R. Zenner, Vor hundert Jahren ... in: L.W. vom 14.4.2001.

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Werksspital (8) Esch/A - Audun-le-Tiche

 

Ab 1902 waren alle Arbeiter gegen Unfälle am Arbeitsplatz versichert: "Gesetz vom 5. April 1902, betreffend die Arbeiter- und Unfallversicherung".

Während die Patienten der Metze' Schmelz bei den Barmherzigen Brüdern eingeliefert wurden, mussten diejenigen der Gelsenkirchener Bergwerks AG ab 1907 nach Lothringen, wo sie in dem 2 Kilometer von Esch entfernten, dem Gelsenkirchener Konzern gehörenden Werksspital in Deutsch-Oth [frz. Audun-le-Tiche] gepflegt wurden:
- die Arbeiter und Angestellten der 1870 gebauten und 1905 von den Gelsenkirchener' Herren angekauften Brasseur's (alias Aachener) Schmelz,
- diejenigen der 1913 in Betrieb genommenen neuen Adolph-Emil Hütte (benannt nach den beiden Kirdorf-Brüdern).

"Esch-A. Mit dem Baue des Hospitals des Aachener Hüttenwerkes soll es jetzt allem Anscheine nach ernst werden. Die Pläne sind soweit fertiggestellt, dass bald damit begonnen werden kann. Es kommt in die BLEICHWIESE nach Deutsch-Oth zu stehen. Man hofft, noch vor dem Winter mit dem Rohbau fertig zu sein" (Luxemburger Gazette vom 22.5.1906).

"Esch/A. 13. März. Dem auf der Adolf-Emilhütte beschäftigten 45jähr. Maschinisten Nik. Even fiel ein Stück Coke dermassen auf den Kopf, dass er besinnungslos wurde und ins Hospital nach Deutsch-Oth transportiert werden musste, wo der Bedauernswerte nachträglich starb" (Ardenner Bauer vom 16.3.1912).

Später war das Hospital Teil der Terre-Rouge-Betriebe.

Die Werksspitäler aber warfen unweigerlich das Problem der freien Arztwahl auf ...

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Wundhaken (1) n. VOLKMANN

 
Aus dem Fundus des in Steinfort tätigen Chirurgen René AUDRY (1919-1971) stammen die beiden hier vorgestellten scharfen (es gab sie wahlweise mit 2, 3, 4 oder 6 Zähnen) Wundhaken nach VOLKMANN mit Seitengriffen (zur Person VOLKMANN's siehe unter Beinschiene).

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Wundhaken (2) n. FARABEUF

 

Der doppelte (und immer paarweise angebotene), um die 12 mm breite, an die 15 cm lange stumpfe Wundhaken nach FARABEUF (vielfach irrtümlich FARABOEUF!) fehlt in keinem Operationsbesteck - er wird bei der Präparation in den ober- flächlichen Schichten benutzt (Haut, Unterhaut- fettgewebe, Muskeln) um die Operations- wunde zu spreizen.

Louis Hubert FARABEUF wurde 1841 in Bannoste im Departement Seine-et-Oise als Sohn eines Bauern geboren. In Paris Schüler von Prof. VELPEAU. Während der Belagerung von Paris 1871 arbeitete er als Chirurg im Hôpital Saint-Antoine – später setzte er keinen Fuss mehr in einen Operationssaal. FARABEUF hat den Übergang von einer überhasteten Chirurgie ohne Betäubung, hin zu einer bedächtigen Chirurgie unter Vollnarkose als Zuschauer miterlebt. Von ihm der markante Spruch:
« desormais il faut opérer bien et non plus opérer vite, le temps ne compte plus ».
An der Universität Paris wurde er Nachfolger von Marie Philibert Constant SAPPEY (1810-1896) als Leiter des Anatomischen Institutes. Als „Chef de travaux“ in der Anatomie renovierte er die Lehre der Anatomie und erfand mehrere, nach ihm benannte chirurgische Instrumente [Hammer (Maillet), Knochenhaltezange, Periostschaber, Amputationssäge, Amputationsmesser, Wundspreizer, Zahnzange].
Er wurde Mitglied der Académie de Médecine. Als „Conseiller général“ der Region von Provins widmete er sich der Hygiene in den Schulen und der Sozialen Fürsorge, bevor er sich in seine Heimat, das Brie, zurückzog.
Er starb 1910 in Beton-Bazoches.

Am 28 Mai 1924 wurde in Paris eine Statue von FARABEUF eingeweiht, die der Bildhauer Paul Landowski (1875-1961) geschaffen hatte.

Er schrieb

  • De la confection des moignons et de quelques moignons en particulier (poignet, coude, jambe). Thèse de médecine de Paris n° 4, 1871.
  • Ligatures des artères. Paris: Masson, 1872. 122p.
  • Manuel sur l'anatomie topographique et opératoire, 1881.
  • Précis de manuel opératoire. Paris: Masson, 1885. 896p.
  • Introduction a l’étude clinique et a la pratique des accouchements. Paris: Steinheil [pref.1891]. 475p.
  • L'enseignement de l'anatomie et l'Ecole pratique, Réformes à apporter dans l'enseignement pratique de l'anatomie, in : Médecine moderne. 1895. suppl. p. 129.

    Nach ihm ist ein anatomisches Dreieck benannt, gebildet von der v. jugularis interna, der v.facialis und dem nervus hypoglossus.

    Lit.:

  • Biographie, in: Presse médicale. 1910. 67. pp. 689-695, portr.
  • Nécrologue, in : Presse Médicale 1924. 7. pp. 127-140.
  • Jean-Louis Fauré, Eloge de L.-H. Farabeuf, 1841-1910, prononcé à la Société de Chirurgie dans la séance annuelle du 16 janvier 1924, Paris chez Masson et Cie, 1924. - 29 p. ; in-8°.
  • Nécrologie, in: Chanteclair. 1926. 218. p. 167
  • Fourmestraux (I. de), Histoire de la chirurgie française, 1790-1920. pp. 178-180.
  • Marcel Guivarc’h, Louis Hubert Farabeuf (1841-1910). Enseigneur de génie, rénovateur de l'anatomie opératoire, notable républicain, Paris, aux Editions Louis Pariente, 2003. 204 p.

Chirurgie


Wundhaken (3) n. HARTMANN

 

Nach dem französischen Chirurgen Henri HARTMANN ist dieser doppelte Wundhaken benannt.

Henri HARTMANN (1860-1952) war ab 1898 "chef de service" im Service génito-urinaire des Hôpital Lariboisière in Paris, ab 1909 war er Professor für Chirurgische Klinik im Hôtel Dieu, wo er 20 Jahre lang jährlich an die 1.000 operative Eingriffe vornahm - ein echtes Arbeitstier.
Er war jahrelang Präsident der "Société de gynécologie et d'obstétrique" sowie der "Société internationale de chirurgie".

Chirurgie


Wundhaken (4) n. ROUX

 

Philibert Joseph ROUX wurde am 26.4.1780 in Auxerre geboren als Sohn eines Chirurgen. Kein Wunder, wenn der Junge schon früh an Chirurgische Eingriffe herangeführt wurde. ALs Chirurg bei der Armee "Meuse et Sambre", dann Medizinstudium in Paris, wo er den grossen BICHAT kennenlernte und 4 Jahre lang sein Schüler wurde. Nach dessen unerwartetem Tode übernahm er dessen Lehrtätigkeit und gab den 5. posthumen Band der "Anatomie descriptive" heraus. Er wurde "Professeur de pathologie externe, de clinique chirurgicale" an der Medizinischen Fakultät Paris, "Chirurgien en chef" an der "Charité" und am "Hôtel-Dieu". Mitglied der "Académie de médecine" und des "Institut", "Chirurgien des hôpitaux". 1825 veröffentlichte er eine Abhandlung "Sur le staphylorraphie ou la suture du voile du palais ". Wir verdanken ihm eine Verbesserung der Operationstechnik bei Katarakt und der Augenresektionen. ROUX starb in Paris am 24.3.1854.

Er schrieb u.a.:

  • De la Résection ou du Retranchement de Portions d'Os malades, soit dans les Articulations, soit hors des Articulations... Paris, Migneret, 1812. in-4. 1f. 53pp. Etude présentée au Concours pour la Chaire de Médecine Opératoire. L'auteur étudie les différents types de resection ou ablation de portions osseuses et les problèmes particuliers qu'elles présentent selon qu'il s'agisse d'os du Crâne, d'os du tronc, d'os jouant un rôle dans les articulations, etc.
  • Nouveaux élémens de médecine opératoire. Paris, Méquignon-Marvis, 1813. 2 parties en un vol. in-8 de 4 ff.n.ch., un tabl. dépl., XLVII, 350 pp.ch. pour la 1ère; 2 ff.n.ch., pp.ch. 352 à 787 pour la seconde

    Sekundärliteratur:

  • Biographies médicales. 1ère s. 1929-1931. pp. 297-308.
  • Progrès médical. 1942. 1-2. p. 8
  • Histoire de la chirurgie française (1790-1820) / I. de Fourmestraux.- Paris, 1934. p. 48
  • Gabka, J., Plastic surgery, past and present...-1983. pp. 150-151 (cote : 261031)
  • Marjolin, R., Notice sur la vie et les travaux de Ph. J. Roux.- Paris, L. Martinet, 1855. 36 p.

    Vorgestellt werden 2 moderne Haken nach ROUX, die aus meinem persönlichen Operationsbesteck stammen - Gravur HARY: von der allzufrüh verstorbenen Kollegin Josette HARY übernommen.