Innere Medizin |
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Sanatorien (1): Aufenthalt im Ausland |
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Am 5.4.1908 wurde die "Ligue luxembourgeoise contre la tuberculose" gegründet: treibende Kräfte waren die Ärzte Dr. FELTGEN und FLESCH sowie ein Nicolas Ludovicy. Erklärtes Ziel der Liga war es, durch vorbeugende und heilkundige Massnahmen die damals sehr gefürchtete Krankheit zu bekämpfen und durch freiwillige Geldspenden allen Unbemittelten den kostspieligen, jedoch unver- meidlichen Kuraufenthalt zu ermöglichen (Dondelinger). Nach dem 1. Weltkrieg waren Aufenthalte in Deutschland für patriotische Luxemburger naturgemäss weniger beliebt. Umso fleissiger wurden nun Kinder nach der Schweiz verbracht, u. a. nach Davos und Leysin. Schweizer Höhenluft gegen Tuberkulose Neben Davos wurden Arosa, Leysin und Montana ebenfalls Lungen-Kurorte von Bedeutung. Was war an der Davoser Luft so besonders? 1907 gründete Carl Dorno das Physikalisch-Meteorologische Observatorium Davos mit dem Ziel herauszufinden, warum Tuberkulose in Davos besser heilte als anderswo. Berühmtheiten wie Christian Morgenstern, Thomas Mann, Alfred Henschke alias Klabund gehörten zu den Kurgästen der Schweizer Bergsanatorien. Insgesamt aber entstand eine morbide "Gesellschaft von Kranken". Die Gäste veränderten die sozialen Strukturen der einstigen Bergdörfer grundlegend - Hotels und Kurbetriebe schossen wie Pilze aus dem Boden. Die Anwesenheit zahlreicher jüdischer Patienten in Davos brachte gar den Bau (1931) eines jüdischen Friedhofes am Ort mit sich! Anfangs hatte Dr. SPENGLER seine Patienten auf Spaziergänge und Klettertouren geschickt. Nach der TURBAN'schen Kritik aber hatte er die Kranken in sein Sanatorium zurückbeordert. Mit seiner "Davoser Liegekur” wurde er zum wahren Gründer des Höhen- und Lungenkurortes Davos. Vorgestellt wird eine Ansichtskarte, Davos 1902. Man sieht Kurgäste, die, vor Kälte bibernd, auf einer schneeumwehten Liegeterrasse ausharren: bis zu 10 Stunden am Tage dauerten diese Sessionen. Jeden Morgen wurden die Patienten in ihren aus einem speziellen Rattanrohr geflochtenen, mit Fellen belegten Liegebetten auf die großen hölzernen Balkone zur Südseite des Sanatoriums geschoben. ..
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Innere Medizin |
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Sanatorien (2): Aufenthalt im Ausland |
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In Arosa hatten die Lungenpatienten im Schnee ausharren müssen, in warme Decken eingehüllt, in Liegestühlen, die auf den Terrassen der Sanatorien aufgestellt waren. In Leysin fing der Fotograph eine noch dratischer Methode der Abhärtung ein: das Skilaufen mit nacktem Oberkörper, in Unterhosen! |
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Sanatorien (3): Düdelingen |
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1912 besucht der luxemburger Arzt Dr. Ernest FELTGEN (1867-1950) mehrere Schweizer Heilanstalten im Auftrag der 1908 gegründeten „Liga gegen die Tuberkulose“. 1912 berichtete er der Regierung über diese Studienreise. Sanatorien entstehen nun auch in Luxemburg:
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Innere Medizin |
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Sanatorien (4): Suppenschüssel Düdelingen |
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1906 kaufte der Dudelinger Notar Oscar Thilges ein passendes Bauareal, um ein Schloss zu erbauen. Der Hausherr verschwand 1917 spurlos ... Am 11.5.1917 wurde die ehemalige Thilges-Domäne verkauft, ein Waisenhaus sollte hier entstehen. 1917 schenkte die ARBED das Haus an die Gemeinde, bzw. Emile Mayrisch stellte der Gemeindeverwaltung von Düdelingen 160.000 F zum Erwerb der herrschaftlichen Villa zur Verfügung, unter der Bedingung, dort ein Alters- und Invalidenheim einzurichten (Ry Boissaux, Mäin Diddelenger Geschichtsbuch, Dudelange 1979 S. 76-79). Es dauerte bis 1921, bevor man sich dazu entschliessen konnte, das wertvolle Gebäude einer neuen Nutzung zuzuführen. Der Médecin-Inspecteur, das Collège médical befürworteten das Projekt. Am 16.3.1922 gab der Generaldirektor der Justiz, der zugleich für die medizinischen Belange des Landes zuständig war, seine Erlaubnis, das Sanatorium einzurichten, ein "hospice à interner des femmes atteintes de tuberculose". Zwei Ordensschwestern wurden ins Ausland geschickt für eine Sonderausbildung in Tb-behandlung, am 31.8.1922 liessen sich die Franziskanerinnen im Thilges-schloss nieder - in Erwartung der Patientinnen der Anti-Tuberkulose-Liga. Erster ärztlicher Leiter des Hauses wurde Dr. JACOBY aus Düdelingen, der zuvor im Ausland Spezialstudien über Tuberkulose absolviert hatte. Er starb im April 1952. Ab Juli 1952 finden wir als ärztliche Leiterin der Anstalt Frau Dr. Mangen-KLEIN, die in Leysin ausgebildet worden war. 1968 wurden die letzten Patientinnen nach Betzdorf verlegt, das Haus wurde in das Gymnasium der Stadt Düdelingen integriert...
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Innere Medizin |
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Sanatorien (5): Feulen |
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Besonders günstige Fälle geschlossener Tb konnte man zur beschleunigten Wiederherstellung der Gesundheit und der Erwerbsfähigkeit in ländliche Krankenhäuser überweisen (Bettendorf, Redingen, Clerf, Mersch...). Für Patienten mit offener Tb aber kamen solche Räumlichkeiten nicht in Betracht. Da entsann man sich des kleinen Dorfes Feulen, wo die "Missions Etrangères de Paris" (MEP) von 1904-11 eine "maison de repos" unterhalten hatten, geleitet von dem aus Bar-le-Duc stammenden Père Léon-Joseph HOLHANN (1851-1926). Der Plan, in Feulen ein Sanatorium einzurichten, wurde als Notbehelf zurückbehalten, es sollte vorübergehend den infolge der Zeitumstände unentbehrlichen Ersatz schaffen und bei Eröffnung des von der Liga gegen die Tuberkulose in Aussicht gestellten Wiltzer Sanatoriums ausser Dienst gehen. Mit einem Kostenaufwand von 50.000 Franken wurde eine Liegehalle angebaut; die sanitären Einrichtungen im Hause wurden erneuert, das Haus für die Aufnahme von 20 Lungenkranken umgebaut. Am 25.10.1915 konnte das Sanatorium Feulen eröffnet werden. Das Anwesen wurde am 4.3.1920 von der Alters- und Invalidenversicherung gekauft, obschon bereits an Nachfolgesanatorien geplant wurde: das Sanatorium schloss seine Tore, als 1931 das grosse Sanatorium in Vianden eröffnet wurde. Das imposante Patrizierhaus in Feulen stand nun leer - bis 1947!
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Innere Medizin |
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Sanatorien (6): Anstalt im Baumbusch |
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Schon während der ersten Generalversammlung der Antituberkuloseliga vom 5.4.1908 finden wir die Erwähnung eines Projektes, ein Lungensanatorium zu errichten. Ein erstes Sanatorium entstand in Feulen. Als Ersatz für das nicht zustandegekommene Sanatorium Wilz wurde 1917 der Bau eines Sanatorium im Baumbusch beschlossen, einem geschlossenen Wald an der Nordwestflanke der Stadt Luxemburg. Ursprünglich waren die Baracken als Wohnbaracken gedacht gewesen, die Versicherungsanstalt liess die Anlage nun ausbauen und ihnen eine Liegehalle angliedern. Dieses von Anbeginn als Provisorium gedachte Sanatorium wurde im Frühjahr 1919 eröffnet (In dem Artikel Das Sanatorium Baumbusch in: Luxemburger Illustrierte no. 37, 1925 ist fälschlich Mai 1920 angegeben): Das "Luxemburger Wort" interessierte sich vor allem für die Sanatoriumskapelle und berichtete in seiner Ausgabe vom 7.4.1919, dass am Sonntag den 6.4. die Kapelle im Beisein von Herrn Kauffmann, Präsident der Unfallversicherung, eingeweiht worden war und ein erstes Messopfer stattgefunden hatte. Jugendpräses Hartmann hatte das Amt gefeiert und "in einer begeisterten Ansprache auf die Bedeutung und den Segen des katholischen Gotteshauses" hingewiesen. Das Haus fand Anklang, vor allem bei den Gesunden: Mit der Eröffnung des grossen Sanatoriums in Vianden im Jahre 1931 war Schluss im Baumbusch. Als sich kein Käufer fand, riss man die Baracken 1931/32 ab.
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Innere Medizin |
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Sanatorien (7): Sanatorium Vianden |
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In Vianden zugelassen waren Luxemburger und im Lande obligatorisch versicherte Fremdarbeiter ab dem 16. Lj., wenn eine floride Lungentuberkulose festgestellt war. Andere Tb-formen wie Nieren- und Genitaltuberkulose wurden nach wie vor in ausländische Sanatorien und Spezialkliniken wie Leysin in der Schweiz überwiesen. Es wurden jährlich an die 130 Patienten neu aufgenommen - in der Regel Tb-Kranke. Vereinzelt erfolgte die stationäre Aufnahme wegen nichttuberkulöser Erkrankungen: Ein ungelöstes Problem war die mangelnde Disziplin der Patienten, deretwegen eine allzu grosse Anzahl von Heilverfahren vorzeitig abgebrochen wurde: "6 malades BK pos [!] ont été congédiés par mesure disciplinaire pour manquement grave à la discipline: ivresse répétées, sorties nocturnes etc" (aus: La situation sanitaire en 1956, 57 et 58, Luxemburg 1959 S. 22).
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Innere Medizin |
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Sanatorien (8): Düdelingen |
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Emile MAYRISCH (1862-1928) hatte 1894 Aline De Saint-Hubert (1874-1947) geheiratet und wohnte mit ihr ab 1897 [als Schmelz-Direktor] im "Alten Schloss" in Düdelingen. Zwei Kinder, von denen das Erstgeborene (Jean) 1899 im Säuglingsalter starb ... Die "Maison des Enfants" wurde am 1.2.1921 eröffnet. Das Heim war den schwächlichen und erholungsbedürftigen Kindern der Arbeiter und Beamten der ARBED-Werke zugedacht - die als tuberkulosegefährdet galten. Auch soziale Gründe konnten zur Aufnahme eines Kindes führen. Die Aufnahmegesuche muβten vom Familienarzt ausgestellt werden, der Eintritt in das Kinderheim konnte erst nach erfolgter Schutzimpfung gegen Diphtherie sowie nach einer Röntgenuntersuchung stattfinden. Vorgestellt wird eine (seltene) Ansichtskarte, erworben 2008 bei Delcampe von einem Händler in Pressburg (Bratislava). In Reih und Glied ruhen die tuberkulösen Kinder in der Liegehalle und atmen die frische Landluft ein ...
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Innere Medizin |
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Scharlatanismus (1) |
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Vorgestellt wird eine Rezeptsammlung - Produkt langjähriger Recherchen des berühmt-berüchtigten Pariser Arztes Nicolas De BLEGNY (1646-1722). Am Fall BLEGNY wird deutlich, dass auch ein promovierter Arzt ein "Scharlatan" sein kann, dann nämlich, wenn er seine Stellung dazu benutzt, vor allem sich selber ins Licht der Öffentlichkeit zu stellen, anstatt primär seinen Patienten helfen zu wollen ... De BLEGNY kam 1646 in Chaumont-en-Bassigny zur Welt als Sohn eines Apothekers. 1674 wurde er selber Apotheker. In Paris wurde er Schüler am "Collège des chirurgiens" von Saint-Côme, und wurde Hilfschirurg in der Armee. In Paris eröffnete er eine Manufaktur für Bruchbänder. 1676 kaufte er das Amt des Chirurgen der "Prévôté de l'Hôtel du Roi" (unter der "Prévôté de l'Hôtel du Roi" verstand man ein Tribunal, das alle zivilen Delikte ahndete, die innerhalb der königlichen Gebäude, d.h. beim Hofpersonal stattgefunden hatten. Zu diesem Tribunal gehörten u.a. ein Arzt, ein Chirurg und zwei geschworene Matronen) - der Beginn einer wundersamen Chirurgen-Karriere:
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Innere Medizin |
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Scharlatanismus (2) |
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Der Liebenswürdigkeit des Kollegen Rainer Tönnes aus Berlin verdanke ich folgende Angaben (Gebrauchsanweisung) zur Anwendung des hier vorgestellten "sanatoire":
Kupfer gehört seit Urzeiten zu den magischen "Zutaten". "Die wohltuende Wirkung von Kupfer ist seit der Römerzeit überall bekannt. Kupfer, direkt auf der Haut getragen, diffundiert in kleinsten Mengen durch die Haut und gelangt so in die Blutbahn. Studie: Prof. John R. J. Sörensen Lehrstuhl Biopharmazie, Uni Arkansas
"Zur Entspannung von Nerven und Muskeln, wirkt ausgleichend auf die Nervenzentren im Gehirn, schützt die Nervenbahnen, bei Rheuma, wirkt entspannend auf Waden- und Gesichtskrämpfe, stärkt das Immunsystem, schützt vor grippalen Infekten und Fieber, bei Schlaflosigkeit. Gut für die Leber, zur Entgiftung und Erdung. Gegen Krämpfe, Menstruationsbeschwerden, Entzündungen, Rheuma. Kupfer lindert krampfartige Schmerzen während der Menstruation, unterstützt die Monatsblutung und regt die Hormondrüsen an. Kupfer hilft außerdem bei Rheuma und beugt starker Gelenkabnutzung und Gelenkverkalkung vor. Kupfer hat eine kräftige Wirkung auf das Blut und den Blutkreislauf. Es bewahrt das Blut vor Erkrankungen und steuert die Hormone und Vitamine, welche im Blut transportiert werden. Es kräftigt das Immunsystem und wirkt bei Fieber, fiebrigen Infekten und Schüttelfrost sehr hilfreich. Es lindert Schmerzen vor der Regelblutung der Frau und regeneriert während dessen den Stoffwechselhaushalt der Drüsen. Es wirkt sehr stark entkrampfend, besonders auf die Nerven und Muskelfasern. Kupfer bewahrt die Leber, das Rückenmark, Nieren und die Lunge vor Erkrankung, Pilzbefall, Gelbsucht und Katarrhen" Bei welchen Krankheiten das hier vorgestellte Kupferplättchen "Sanatoire Voltaïque" der Pariser Firma GEORGES helfen sollte, ist nicht überliefert - vielleicht weiss einer unser Leser etwas mehr zu diesem Objekt. Der Begriff "voltaïque" lässt auf "bioelektrische" Manipulationen schliessen ! Bei manchen Trägern von Kupferarmbändern kann sich das Armgelenk durch eine natürliche Reaktion zwischen der Säure der Haut und dem Kupfer etwas grün färben. Die grüne Verfärbung kann leicht mit Wasser und Seife abgewaschen werden. Dennoch ist die Bildung des im Übrigen giftigen (!) Grünspans ein Beleg für eine chemische Reaktion; die am Kupferblech abläuft - warum nicht an eine winzige elektrische Reaktion im Zuge dieser chemischen Interaktion glauben ? Was dieses elektrische Mini-Feld allerdings bei Rheuma, Fieber etc. bewirken soll, das muss mir erst noch einer erklären ... Aus der Monatsschrift "Clystère" vom März 2018 diese Beschreibung: "A la question posée par Bernard Petitdant sur l’Anesthodermique de Roye (Clystère n° 62) Louis-Jean Dupré apporte les informations suivantes:Il semble que l’anesthodermique soit un produit à base de cuivre, que l’on faisait diffuser en transdermique par l’intermédiaire d’un appareil électro-voltaïque appelé Sanitoire, développé sous l’impulsion de "l’académie transdermique" en 1900. L’intérêt de faire diffuser le cuivre localement est d’obtenir un effet antalgique localisé. La seule source pour l’anesthodermique est le musée Sybodo avec des textes Anglais et Allemands, plus rarement en français: https://www.kugener.com/de/humanmedizin/innere-medizin/55-artikel.html?start=108. La partie du Sanatoire Voltaïque LEGRANT, destinée à permettre de le placer est composée d'une tige mobile surmontée d'un bouton; cette tige coulisse parfaitement à l'intérieur même de l'appareil, et chacune de ces extrémités vient s'adapter sur chacune des brides préalablement faites au produit Anesthodermique de Roye. Rien de plus simple que les applications du Sanatoire Voltaïque. Après avoir eu soin de faire glisser la tige de l'appareil au moyen du bouton, soit d'un côté, soit de l'autre, on introduit l'une des extrémités dans l'une des brides du produit Anesthodermique de Roye; puis on fait coulisser la tige de l'appareil, de manière que l'autre extrémité vienne, à son tour, occuper sa place dans la bride opposée. Dans cette position, le disque de l'appareil Sanatoire occupe le centre du produit externe. Il suffit alors de chauffer très légèrement, à la flamme d'une bougie, le produit Anesthodermique de Roye, et il ne reste plus qu'à faire l'application du produit, accompagné de l'appareil, sur le point indiqué par l'ordonnance du Docteur. Généralement on conserve le Sanatoire Voltaïque pendant une heure ou deux, suivant les prescription, et on le retire avec la plus grande facilité, en utilisant la tige à coulisse surmontée d'un bouton, sans retirer le produit Anesthodermique de Roye, qui doit rester sur l'organe malade durant un temps également déterminé. Pour le sanatoire, il y eu plusieurs fabricants, sous l’influence de l’Académie Dermothérapique, qui a fait beaucoup de publicité dans le Réveil Moralisien en 1900, mais a aussi exposé à l’exposition universelle".
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Schwachstrom-Heilapparat ELECTRO-VOX |
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1935 entwickelte Ingenieur Ferdinand POOS (20 r. du Fort Neyperg) in Luxemburg-Bahnhof ein für die Selbstbehandlung der Patienten konzipiertes Gerät, das unter der Bezeichnung "Medico" angeboten wurde. Im Beiheft schrieb Poos, sein Gerät sei "ein Bakterientöter" - davon war allerdings im Indikationskatalog wenig zu spüren. Vielmehr findet man die ganze Lexe der schlecht definierten degenerativen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Poos konnte im Begleitheft zu seinem Gerät auf einheimische und ausländische Referenzen hinweisen: Das Gerät wurde auch nach dem 2. WK von den Behörden technisch überprüft, und wurde am 10.4.1946 vom "Service de l'Electrification Générale" (Ingenieur M. Schintgen) zum Verkauf zugelassen. Vortrag in Luxemburg am 16.10.1947 "Elektrische Ströme als Heilmittel" (Luxemburger Wort vom 18.10.1947) Das gleiche Gerät wurde später (?) in Hayange / Moselle hergestellt (2/2008 bei Ebay angeboten).
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Innere Medizin |
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Senfpapier RIGOLLOT |
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In der asiatischen Küche ist Senf seit der Antike bekannt. Über Kleinasien gelangte das Senfkorn nach Griechenland, wo es auch aufgrund seiner Heilkraft geschätzt wurde. Im 1. Jahrhundert beschreibt der griechische Arzt und Pharmakologe Pedanios DIOSKORIDES die heilende Wirkung des Senfs in seiner Abhandlung „Materia Medica“. Das kalt gepreßten Senföle – auch diejenigen aus anderer Quelle z.B. aus Kapuzinerkresse und Meerrettich - wirken antibiotisch gegen Erkältungskrankheiten und werden heute wieder geschätzt zur Behandlung multiresistenter Keime; Senfpflaster bewähren sich als lokale Heilmittel bei rheumatischen Schmerzen und Neuralgien. Seine „kulinarische“ Tradition beruht nicht nur auf der starken Würzkraft mit entsprechendem Mythos als Aphrodisiakum, sondern auch auf dem günstigen Effekt auf die Verdauungsvorgänge - Senf wirkt „verdauungsfördernd“.
Das Senfpflaster war bis ins 19. Jahrhundert ein bekanntes Haus- und Heilmittel: der Brei wurde auf Leinwand gestrichen und auf die Haut aufgelegt bzw. angewickelt – noch in den 1950er Jahren wurden in deutschen Haushalten bei Lungenentzündung Senfwickel auf diese traditionelle Art hergestellt und auf die Brust getan.
Wirkungsprinzip Es handelt sich um eine sogenannte "derivative" Therapie, bei der man hoffte, die kranken "inneren Säfte" der befallenen Lunge zu der durch die Senföle stark durchbluteten (geröteten) Haut ableiten zu können.
Exponat Kartonschachtel mit 3 Senfblättern. Angeregt durch ein 1860 von dem Apotheker BOGGIO entwickeltes „Senfpapier“, das Pariser Pflaster (Taffetas de Boggio), verbesserte der Pariser Apotheker Jean RIGOLLOT (1810-1873) das Pflaster 1866 indem er Papierblätter mit dem Pulver von gemahlenen und ölfreien schwarzen Senfkörnern bestrich und mit einem Caoutschuk-Kleber daran fixierte: auf die Haut gelegt bewirkten die Blätter eine Rötung der Haut und Erwärmung.
Eine eher seltene Anwendung „Senfpflaster bei der Geburt. Zur Beschleunigung der Geburt, zur Anregung der Wehen benützt man in neuester Zeit — Senfpflaster, das man auf gewisse Hauptpartien auflegt. Die inneren Organe des menschlichen Körpers stehen jedes zu ganz bestimmten, eng umgrenzten Hautbezirken in Beziehung. Bei Erkrankung des Organs schmerzt meist auch die ihm entsprechende äußere Hautstelle. Umgekehrt kann man aber auch von diesem Hautstück auf das innere Organ einwirken. Daher sind durch Reizung der der Gebärmutter entsprechenden „Headschen Zone" durch Nadelstiche oder Senfpflaster die Wehentätigkeit beschleunigt und die Geburt erleichtert“ (Pilsner Tagblatt, 29. Mi 1936).
1867 stellte er sein Präparat auf der Weltausstellung vor – der große wirtschaftliche Erfolg fußte auf der zu dieser Zeit regen Angst vor Lungentuberkulose – da war jedes Mittel recht. 1872 leitete er eine ganze Fabrik, die nichts tat als „Senfblätter“ herzustellen. . |