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Injektionen (12)

 

Die meisten Glas-Metallspritzen besitzen einen Kolben mit aufgeschraubter Pleuelstange. Die hier vorgestellte kleine Spritze aber hat einen Kolben, der übergangslos in den Pleuel übergeht, mit diesem identisch ist - genauso wie wir es sonst bei den Spritzen mit Glaskolben beobachten ...


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Injektionen (13)

Spritzenkasten-1
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Vor Einführung der Einmal-Steril-Nadeln im Jahr 1975 musste der Hausarzt bei jedem Hausbesuch zumindest ein Kästchen mit sich führen, in dem eine sterile Nadel und eine sterile Spritze parat lagen.

 

Ich stelle hier ein derartiges Kästchen vor, in dem eine Spritze der Fa. Aesculap (Iso-N 200°) gez.

GEBR. LAPPE - ESSEN (Betrieb 1901 gegründet, besteht noch heute)

liegt, nebst einer kleinen Pinzette (Markierung "H") und einem Röhrchen, in das von jeder Seite eine Luer-Nadel gesteckt ist - eine PE 14er und eine PE 16er.

 

Äussere Masse des Kästchens: 8.5 x 4.5 x 2.5 cm. Das Besondere am Kästchen sind die Drehverschlüsse im Deckel und im Boden. Analog einer Schimmelbusch-Trommel wurden sie  geöffnet, um den Inhalt in heissem Dampf zu sterilisieren, und geschlossen nach Entnahme aus dem Sterilisationsapparat.

 

Auf dem Deckel finden sich 2 Gravuren:

- 2 cc (Inhalt der Spritze, in unserm Fall 2 ml)

- das Firmenlogo "H" unter 2 Türmen, einem spitzen links, einem flachen rechts.  gehört der Firma Henke aus Tuttlingen (später Henke-Sass, Wolf GmbH) (freundliche Mitteilung von Frau Heike Schmidt. Von dieser Stelle ein grosses Dankeschön).

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Injektionen (14)

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Als sich die späteren Chiron-Werke 1921 in Tuttlingen niederließen, gab es dort bereits einen weltweit bekannten Hersteller von chirurgischen Instrumenten: Aeskulap. Ihm galt es Paroli zu bieten. Prompt setzte man ein Zeichen und gab der neuen Firma den Namen des griechischen Halbgottes, der einst … diesen Aeculap ausbildete: Chiron. Als Hersteller von feinmechanischen Apparaten und chirurgischen Instrument gegründet, stellte die Fa. 1943 neben Sanitätsausrüstungen für die deutsche Armee eher fragwürdige Dinger her: Komponenten für Strahltriebwerke, sprich, sie war an der Fertigung von V2-Raketen beteiligt. Nach Kriegsende kehrte man brav zur Produktion von chirurgischem Material zurück, liebäugelte aber weiter mit dem Werkzeug- und Maschinenbau (Farbspritzpistolen, Automobilzubehör, Kompressoren). Heutzutage produzieren die Chiron-Werke nur noch komplexe chirurgische Teile wie Knieprothesen, künstliche Wirbelkörper etc.

Tupferspender
Tupferspender

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Wattespender

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Vor jeder Injektion bedarf es einer Desinfektion der Haut. Ob allerdings das einmalige Abwischen mit einem alkoholdurchtränkten Wattetupfer dazu ausreicht oder ob man ebenso gut mit Spucke abwischen könnte, mag dahingestellt sein.

 

Vorgestellt wird ein 18.5 x 17.5 x 8.5 cm grosser Wattespender der Firma "Assistent" bestehend aus Glas mit einem aufliegenden verchromten Deckel - er spendet keine sterile Watte, bewahrt diese aber vor einer allzuheftigen Verunreinigung mit Luftkeimen. Für die Aufnahme wurde eine moderne Rolle mit "staublosen Wattetupfern in perforierter Rolle" eingefüllt, stellvertretend für die ursprüngliche Rolle mit Presswatte. Ähnliche Spender finden sich schon im "Medicinischen Waarenhaus"-Katalog von 1910 ...

 

Zum Hersteller

Die Glaswarenfabrik "Assistent" von Karl Hecht besteht seit über 90 Jahren als Hersteller und Vertreiber von mehreren tausend Präzisions-Glasinstrumenten und Geräten für Ärzte, Krankenhäuser und Laboratorien. Gegründet wurde der Betrieb 1919 in Unterweissbach-Sitzendorf/Thüringen, wurde nach dem 2. Weltkrieg nach Sondheim/Rhön verlegt. 1948 Gründung eines zweiten Betriebes mit Produktion und Lager in Bernhausen bei Stuttgart. Ausländische Vertriebsbüros in Kreuzlingen in der Schweiz, Igny bei Paris und Fritzens in Österreich.

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Injektionen (16)

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Steraject, um 1960

 

 

In den 1950er Jahren bot die Fa. Charles Pfizer (1824–1906) Antibiotika und Hormone in Ampullen an und hatte dazu den passenden Injector.

 

"STERAJECT Syringe and cartridges. Convenient on house calls, in the office, in the hospital.
It's the convenience of the PFJZER unbreakable STERAJECT Syringe and the full line of STERAJECT single-dose disposable cartridges that make this Pfizer innovation a favorite in office, home and hospital today. The current formulations of widely used antibiotics and hormones include the following ready-for- use cartridges, each with sterile foil-wrapped needle:
Penicillin G Procaine Crystalline in Aqueous Suspension (300.000 units, 600,000 units and 1.000.000 units)
Permapen' Aqueous Suspension (600,000 units DB ED penicillin)
Permapen Fortified Aqueous Suspension (300.000 units DBED penicillin plus 100.000 units procaine penicillin)
Combiotic Aqueous Suspension (400,000 units procaine penicillin plus 0.5 Gm. dihydrostreptomycin)
Streptomycin Sulfate Solution (1 Gm.)
Dihydrostreptomycin Sulfate Solution (1 Gm.)

 

NOW Pfizer Syntex Steroids in Steraject form:
Synandrol - testosterone propionate, U.S.P., in sesame oil (25 mg., 50 mg., and 100 mg.)
Diogyn - estradiol, U.S.P., in aqueous suspension (0.25 mg. and 1.0 mg.)
Syngesterone - progestcronc, U.S.P., in sesame oil (10 mg., 25 mg., 50 mg. and 100 mg.)
Combandrin - estradiol benzoate, U.S.P., (1 mg.) plus testosterone propionate, U.S.P., (20 mg.) in sesame oil.

 

PFIZER LABORATORIES, BROOKLYN 6. N.Y. DIVISION. CHAS. PFIZER & Co., INC.

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Injektionen (17)

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1950/60er Jahre

 

 

Die Fa. Wilhelm Haselmeier wurde 1920 in Stuttgart gegründet (siehe Insulin-Injektor DIARAPID). In jenem Jahr wurde die Wilhelm Haselmeier GmbH und Co. in Stuttgart-Degerloch ins Leben gerufen. In den ersten Jahren konzentrierte sich der Betrieb auf die Entwicklung und den Vertrieb von Glas- und Spezialspritzen, Stethoskopen und Diagnostikprodukten.

 

Das Jahr 1963 stand ganz im Zeichen der Entwicklung und Produktion von halbautomatischen Autoinjektoren für Glasspritzen mit Insulin.

 

In den späten 1970er Jahren zog das Unternehmen in den Odenwald um. 1993 ergänzte man das Portfolio durch die Entwicklung und Herstellung eines vollautomatischen Insulinpens für 1,5 Millimeter Karpulen und mit versteckter Nadel. 2001 kamen vollautomatische Peninjektoren mit versteckter Nadel für Wachstumshormone zum Portfolio hinzu. Seit 2002 ist die Firma zudem in Tschechien aktiv. Zwei Jahre später kam ein Standort in den USA hinzu.

 

Kennzeichnend für das Jahr 2008 war die Eröffnung eines internationalen Vertriebs- und Marketingbüros in Zürich. Im Folgejahr weihte man einen Standort in Indien ein. 2013 wurde in den USA das Tochterunternehmen Haselmeier Inc. ins Leben gerufen.

  

Heutzutage ist Haselmeier ein Unternehmen, das sich mit der Herstellung von Medikamenten-Dosiersystemen befasst. Das Produktspektrum beinhaltet subkutane Dosiersysteme, Selbstapplikationen mit Injektionssystemen, Injektions-Pens für die Osteoporose-Therapie sowie Injektions-Pens mit Konnektivität. Der Hauptsitz der Firma liegt in der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart. Ferner ist das Unternehmen in Buchen im Odenwald angesiedelt, genauso wie in St. Gallen und in Zürich. Weitere Standorte sind in Tschechien, Indien, den USA und China. (tl) (Selbstdarstellung der Firma im Internet, 2021)

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Insulin-Injektor n. PALMER

 

1955 jubelte die Presse:

"This May Revolutionise injections.
A Scots Diabetic has Invented a Painless "Gun.”
A Scotsman, Charles Palmer, 46-year-old factor of the Great Glen Cattle Ranch, Fort William, has invented a painless injector “gun” that already makes the old type of manual injection out of date. Diabetics, who rely on daily injections of insulin to keep them alive, can use this “gun” with one hand on almost any part of their body; the penetration depth of the needle can be adjusted; and it is completely painless.
I visited Mr. Palmer at his home on the Ranch, saw and experienced the gun in action. “Bare your arm,” he said. I did so. He pressed the “nozzle” against my flesh and I waited. “You ready?” he asked. “Yes,” I said, “Pull the trigger". He grinned. “The trigger’s pulled. You’ve had the needle in your arm for nearly half a minute.” To prove it, he withdrew one inch of needle out of my arm. It left a very tiny red dot. No pain-no sensation-nothing. The secret lies in the lightning speed of the needle. I asked Mr. Palmer how he came to think about the idea and he explained, “I became a diabetic six years ago. When I came out of hospital, I decided to stop worrying about the trouble and tackle it in a commonsense way. So I studied diabetics. I really got down to understanding what it is and conditioning myself to meet the situation so that I could live a normal, healthy life.” As he said this, looking at his healthy face and robust figure, I heartily agreed with his approach to the problem and felt that it had been very successful. He went on-‘‘I found that the one distasteful thing I could not get used to was the twice-daily injection of insulin. And when you have a trouble like this you meet many other people in the same boat. I found that most diabetics have the same aversion-with some it is a horror-of having to inject themselves every day. I came to dread my twice-daily dose. So I decided to do something about it. And the result of my ‘fiddling around’ is this gun.” The firm of McGregor and Alves, who co-operated in the original design, are manufacturing the gun at Hillington Industrial Estate; it is in stainless steel and costs E2 10s. Already demand is outpacing supply. Mrs. Palmer told me, “I am helping my husband by acting as ‘Sales-and-Despatch’ Manager. Some of the letters we get with orders are heart-rending-and Charles insists that these are given priority. One little Glasgow boy whose mother is a diabetic wrote saying he was saving to buy a gun as a present for her. So we sent oneas a present.” She showed me a letter from a Glasgow diabetic doctor who wrote his own glowing praises of this “boon to sufferers under the needle.” So it went on-letters pleading for guns, letters of thanks, letters of praise, The file was thick. Production of the invention is just getting into stride.
So far, over a thousand have been made and despatched to diabetics all over Britain. The gun has been given a preliminary blessing by the Department of Health who say that it will be included as a National Health Service prescription when a sufficient number of doctors demand it. Already the first N.H.S. prescription has been received by a chemist in Clydebank. War Office, too, have shown interest in the instrument-particularly with regard to the speeding-up of mass-injections. Mr. Palmer’s initial order with the makers is for 20,000 which, he says, “I’ll take and despatch in three months if I can get them.” R. W. we must congratulate Mr. Palmer upon his invention that must be of benefit to his fellow sufferers"
(The British Journal of Nursing, September 1955 S. 94).

 

Den authentischer Bericht eines Patienten hört man auf Internet: ein gew. Simon Lawson aus London, geboren 1945, bekam mit 16 Jahren erstmals seinen PALMER-injector (demnach um 1961) - damit endete der tägliche Zweikampf mit der Mutter, die ihm bis dahin die Spritzen setzen musste. Selbst Kinder konnten sich mit der neuen "Pistole" mühelos und vor allem angst- und schmerzlos selber pîeksen. Für Erwachsene aber erwies sich die Pistole als unhandlich. Insbesondere konnte sie nicht in die Hosentasche gesteckt und auf die Arbeit mitgenommen werden.

Lit.:
Haward, LR, The Palmer injector, in: Med.World, 1955 Jun;82(6):583-4.

 

Vorgestellt wird ein Original "The Palmer Injector Patent N°780008"
Palmer Injectors Ltd, Palmer Injector Kit, Model No. 1 for 1cc & 2cc', made by McGregor and Aves Ltd, Hillington, used for the injection of insulin or similar, Scotland. Hillington ist ein Vorort von Glasgow in Schottland.
Herkunft der Pistole: Clydebank, West Dunbartonshire G81 6LA United Kingdom.




 

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Insulin-Injektor (2) n. BUSHER

2 1 Busher
 

1930 hatte PALMER seinen handtellergroßen Injektor angegeben.

1934 stellte der amerikanische Arzt Herbert Henry Charles Richard BUSHER (1893-1968) aus St. Paul/Minnesota einen kleineren, handlicheren Injektor vor (JAMA. 1934;102(14):1152), den er sich zwei Jahre zuvor hatte patentieren lassen.

Patentdatum: 1932-02-16

Patentnummer: 1.845.036

Ab 1937 produzierte die amerikanische Firma Becton, Dickson & Co aus Rutherford / N.J. diesen Injektor.

 

Exponat

Das Exponat dürfte aus den 60er Jahren stammen. Bakelite-Taschenbox. Baumwolle-Spender aus schwarzem Plastik.

Der Überraschungsstich ermöglichte es auch ängstlichen Personen und Kindern, sich selber ihr Insulin zu injizieren. "The injector was prepared by inserting a filled syringe through the rear of the injector body and locked in place. Once in place the needle arm was adjusted to the correct depth and the rear of the body was pulled back to cock the trigger. When the needle and skin surface had been sterilized the injector's needle guard was placed against the skin and the trigger was pressed which inturn launched the needle into the skin. The dosage was then delivered by pushing the plunger with the forefinger".

 

Kommentare

"One of these items, Dr. Busher's automatic insulin injector, belongs to my family from a treasure trove trunk from Grandfather (Gmother had diabetes). She died in 1944 of diabetes complications. The apparatus has two new needles to accompany it but no box. Is there a way to buy the glass barrel, which seems to be missing from ours?" (Gail Mazourek, Fri, 2015-03-13).

"I saved the Busher Automatic Injector No. 40 and the one 1cc glass lure tip Insulin Syringe reorder No. 2024 by B-D which my mother used on me because I have type 1 diabetes. Both of these tools are still in the original boxes! Type 1 diabetic since 1960" (Janice Krueger, Sat, 2017-01-28).

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Insulin-Injektor (3)

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"The Chemist and Druggist, 10. November 1956
From the "Trade Marks Journal", October 24
Applications advertised before registration https://archive.org/details/b19974760M4179/page/n69/mode/2up

 

Das Patent für diesen Injektor war also im Oktober 1956 beantragt, bei Drucklegung der Zeitschrift im November d.J. jedoch noch nicht registriert. Zufall der Geschichte: am 20. März 1956 wurde Tunesien unabhängig. Zuvor war das Land 75 Jahre lang französisches Protektorat.

 

Herkunft: Tunis, eBay 6/2021.

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Insulin-Injektor (4)

1974

 

Der DIARAPID erleichterte die für den Diabetiker notwendigen Injektionen. Nach dem Aufziehen des Insulins wurde der Injektor gespannt und aufgesetzt, die Haut spannte sich von selbst an der Einstichstelle. Durch Druck auf den Auslösehebel schnellte die Spritze vor und die Kanüle stach sich so tief, wie eingestellt, ein. Der Injektor war steril in einem alkoholdichten Behälter untergebracht. Von besonderem Vorteil war, dass für den Injektor jede handelsübliche Rekordspritze mit Insulingraduierung verwendet werden konnte.

 

Zur Herstellerfirma

- 1920 gründete Wilhelm Haselmeier in Stuttgart-Degerloch die Wilhelm Haselmeier GmbH & Co, die Spritzen und Stethoskope herstellte.
- 1963 stellte sie einen halbautomatischen Insulin-Auto-Injektor her: die Nadel schnellte bei Knopfdruck vor und stach blitzschnell in die Haut. Das Insulin aber musste der Patient dann selber durch Druck auf den Spritzenstempel injizieren..
- 1978 zog die Firma nach Buchen (Odenwald) um und entwickelte den vollautomatichen Auto-Injektor Diamatic für Insulinspritzen – der Patient brauchte jetzt nur noch den Mechanismus auslösen...
- 1993 stellte die Firma einen „Pen“, eine Art Bleistift her für Standard-Insulinkartouschen, mit versteckter Nadel.
- Seit 2004 stellt die Fa. Haselmeier Nachfolge-injektoren, den DIAPEN 3.1 und 3.2 her.

Haselmeier ist jetzt in der Schweiz ansässig und beschäftigt weltweit rund 200 Mitarbeiter. Das Unternehmen ist in Europa, den Vereinigten Staaten, Indien und China vertreten. Die Haselmeier-Produkte werden in modernsten Produktionsstätten in Buchen im Odenwald (Deutschland), Dnešice (Tschechische Republik) und Bangaluru (Indien) hergestellt.

 

Exponat

Vorgestellt wird ein DIARAPID-Injektor aus dem Jahr 1974, Fa. Wilhelm Haselmeier. Damals (bis 1982) wurde Insulin noch in einem aufwändigen und teuren Verfahren aus dem Pankreas von Schlachttieren isoliert – pro Diabetiker und Jahr waren bis zu 100 Schweinebauchspeicheldrüsen notwendig. Heutzutage wird Insulin gentechnisch hergestellt...

 


Seit den 50er Jahren gibt es orale Antidiabetika. Schon im Mittelalter wurden Biguanide zur Blutzuckersenkung verwendet. Die aktive Komponente der Biguanide, das Guanidin, wurde aus der Galega officinalis (Flieder) gewonnen. In Luxemburg behandelte man den Diabetes bis um 1900 mit einer Zwiebel, die in einem Glas Elbling-Wein gelöst wurden, das schluckweise über den Tag verteilt, leergetrunken wurde ...




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Karbol-Flasche

Vierkantflasche 

Die Erfindung des Karbols war im Rahmen eines Umweltskandals erfolgt, in Berlin, in der Fabrik des Kerzenfabrikanten RUNGE - einem Unikum mit langer, ungepflegten Mähne, der seinen Wein selber herstellte und zwischen leeren Flaschen hauste. Er verwendete in seiner Fabrik Salmiak, das er aus einem Gaswerk bezog. Am Boden der Fässer, in denen man ihm das Sauzeug anlieferte - ein klebriger teerähnlicher Stoff, den die Arbeiter in einen Graben entleerten. Den Behörden stank die Brühe zum Himmel, hier wuchs nichts mehr, alle Insekten starben ab, sodass man RUNGE aufforderte, die Brühe zu entsorgen. RUNGE stellte Versuche an mit verschiedenen Zusatzstoffen (Alkohol, Aether, Schwefelsäure, Kalk) ... Schliesslich gelang ihm die Umwandlung des Teeres wenn er ihn in heissem Wasserdampf distillierte: er erhielt eine wässrige milchige, und eine zweite ölige Lösung, die nach Bibergeil roch - er nannte diese Lösung "Kohlenöl-Säure" - eine Lösung mit eigenartigen Eigenschaften: sie verzögerte das Verfaulen von Fleisch, von Fischen. Verrückt wie RUNGE war, betupfte er damit einen schmerzenden Zahn - und siehe da, die "Faulung" auch dieses Zahnes wurde gestoppt, allerdings wurde das Zahnfleisch mächtig angegriffen. Das Karbol war geboren ...

Karbol wurde ab 1843 Phenol genannt und sollte das wirksamste Desinfektionsmittel des 19. Jahrhunderts werden.

Joseph LISTER (1827–1912) besorgte sich das Phenol, und besprühte sein Operationsfeld - ab 1867, er besprühte die Hände der Operateure, die Instrumente, die Operationswunde und die umgebende Luft. Und siehe da, die Sterblichkeit nach Amputationen sank dramatisch. In Deutschland waren es der Chirurg Carl TIERSCH (1822-1895) in Leipzig und der Urologe James ISRAEL (1848-1926) in Berlin, die Listers aseptisches Prinzip einführten.

Phenol war eine aggressive Chemikalie - LISTER ruinierte die Haut der Chirurgen und der Operierten. Umgekehrt halb ebendiese Hautverätzung andern Patienten: Pigmentnaevi betupfte man solange mit der Chemikalie, bis die Haut weg war. Auch die Behandlung des Ulcus molle begann mit der Umwandlung des spezifischen Schankers in ein gewöhnliches Geschwür indem man den Schanker mit Acid. carbol. liquef. betupfte. Bei der Kopfschuppenflechte (Psoriasis) rieb man eine 0,5%ige PhenolSalbe ein. Ja, Phenol ist ein starkes Zellgift. Es wirkt auf der Haut stark ätzend und wird leicht resorbiert - daher die zahlreichen Vergiftungserscheinungen:
- Akute Einnahme oder Einatmen der Dämpfe in grosser Menge führen zur Atemlähmumg bis hin zum Herzstillstand.
- Chronische Vergiftungen führen zu Nierenschädigungen

In der luxemburger Tagespresse wurde folgende hochkarätige Warnung abgedruckt:
"Luxemburg, 30. August. Zur Warnung erläßt der berühmte Arzt, Hofrath Dr. Billroth in Wien folgendes Schreiben : Es sind mir innerhalb der letzten Monate vier Fälle vorgekommen, in welchen Finger mit ganz unbedeutenden Verletzungen durch die unsinnige Anwendung von Carbolsäure brandig geworden sind; in allen vier Fällen handelte es sich um Kinder, deren Eltern die Verordnung eines Carbolverbandes selbst gemacht haben, weil die Carbolsäure gut für die Wundheilung sein soll. Die Carbolsäure hat schon jetzt in der Chirurgie eine weit beschränktere Anwendung als früher ; wir haben die Gefahren, welche dieselbe herbeiführen kann erst nach und nach kennen gelernt. Das Mittel kann nicht nur Entzündungen und Brand erzeugen, sondern auch durch Blutvergiftung tödten. Es entfaltet seine guten Eigenschaften nur in der Hand des kundigen Arztes. Ich widerrathe hiermit auf das Dringendste, ohne Anordnung eines Arztes Carbolsäure anzuwenden. Als das beste Umschlagmittel bei frischen Verletzungen rathe ich das in Apotheken käufliche Bleiwaser an" (Luxemburger Wort vom 30.8.1889).

Tödlicher Unfall
"Hoscheid, 2. Sept. Ein höchst bedauerlicher Unfall durch Unvorsichtigkeit ereignete sich allhier gestern Abend. Der 45jährige Fuhrknecht Meisch von der Kehrmühle trat in die Behausung des Ackerers M., allwo ihm wie gewohnlich von der Tochter des Hauses ein Schnäpschen angeboten werden sollte ; doch dem Unglücklichen wurde anstatt Branntwein unvorsichtigerweise Karbol ausgeschenkt, den derselbe auch in einem Zuge zu sich nahm. Der arme Mann ist heute morgen unter schrecklichen Qualen gestorben" (L.W. vom 5.9.1900).

Das penetrant riechende, beizende Karbol verlieh vielen Kliniken und Arztpraxen ihren typischen Geruch. Nicht von ungefähr nannte man Arzthelferinnen und Krankenschwestern "Karbolmäuse". Karbolmaus/-mäuschen« für »Krankenschwester« ist laut Heinz Küpper (Wörterbuch der deutschen Umgangssprache) im späten 19. Jahrhundert im soldatischen und studentischen Milieu entstanden ...


Vorgestellt wird eine 16,5 x 7,3 cm grosse, braune Vierkantflasche, erstanden am 15.8.2012 auf einem Strassenmarkt in Remich.




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Krankenkassenwesen (1)

 

Jahrhundertelang hatte es für Hilfsbedürftige keinen Anspruch gegeben auf Hilfe im Krankheitsfall. Bei Lohnausfall durch Krankheit konnte der Unglückliche nur auf Hilfe aus der öffentlichen Armenpflege hoffen, und auch dann erst, wenn er seine Ersparnisse aufgebraucht hatte. Am ärgsten betroffen waren Arbeitnehmer ohne persönlichen Besitz und ohne Rücklagen.
Dem Bismarck'schen Beispiel folgend, entstand auch in Luxemburg im ausgehenden 19. Jahrhundert ein gesetzliches Hilfswesen. Durch Gesetz vom 11.7.1891 wurden die Tätigkeiten der sog. "Unterstützungsvereine auf Gegenseitigkeit" geregelt. Diese durchaus sinnvollen Einrichtungen erreichten ihr Ziel nur teilweise, weil viele Arbeiter es versäumten, diesen Vereinen beizutreten. In Betrieben, wo der Arbeitgeber nicht bereit war, bei der Gründung eines Unterstützungsvereines mitzuwirken, kam ein solcher vielfach erst gar nicht zustande!
Der Staat sah sich genötigt, einzugreifen und die Versucherung der Arbeitnehmer zwangsweise einzuführen. Durch Gesetz von 1901, das am 1.12.1902 in Kraft trat, wurde in Luxemburg eine obligatorische Krankenersicherung eingeführt. Neben Zwangsversicherten konnten auch Freiwillige als Mitglieder aufgenommen werden, sei es dass sie dazu ein Anrecht hatten, sei es, dass dieses Recht erst durch das Kassenstatut erlangten. Die alten Unterstützungsvereine wurden - nach eingehender Überprüfung durch den Staat - beibehalten. Ihre Mitglieder brachten sich nicht neu zu versichern. Wenige Vereine genügten den neuen Anforderungen:

  • 1. der Luxemburger Arbeiterunterstützungsverein (in Luxemburg)
  • 2. der Felser Fortbildungs- und Unterstützungsverein (in Larochette)
  • 3. der Schreinerbund (in Luxemburg).
  • 4. der Allgem. Luxemburger Handwerker- und Arbeiterunterstützungsverein (in Ettelbrück).

    Auch hatten manche Betriebe schon seit langen Jahren sog. Betriebs- oder Fabrikkrankenkassen, in denen Teile ihre Arbeiter freiwillig versichert waren. Auch diese Kassen durften bestehen bleiben: ihre Zahl betrug beachtliche 48 im Jahr 1902, allmählich sank ihr Anteil ...
    Neu hinzu kamen nach 1902 die Bezirkskrankenkassen (Capellen, Clerf, Diekirch/Vianden, Echternach, Grevenmacher, Mersch, Redingen, Perlé, Remich, Wiltz, Petingen, Esch/A., Rümelingen, Bettemburg, Luxemburg I (Bauten), Luxemburg II (Metall), Luxemburg III (Nahrungsmittel), Luxemburg IV (Bekleidung), Luxemburg V (Handel), Luxemburg VI (Allgemeine), Luxemburg VII (Land) - 21 an der Zahl. Nur die Bezirkskassen des Kantons Luxemburg unterstanden einem Zentralvorstand.

    In Luxemburg gab es ab 1901 Pflichtversicherungen für Arbeitnehmer ...


    Nach der militärischen Besetzung Luxemburgs durch deutsche Truppen im Mai 1940 kam das Land unter deutsche Zivilverwaltung. Ab dem 2. August 1940 gehörte der Distrikt Diekirch zum Bezirk des Chefs der Zivilverwaltung im CdZ-Gebiet Luxemburg. Zu seiner Verwaltung wurde ein deutscher Verwaltungskommissar in der Stadt Diekirch eingesetzt.

    Die Verordnung über den Verwaltungsaufbau in Luxemburg vom 14. November 1940 bildete ab 1. Dezember 1940 den bisherigen Distrikt Diekirch in den neuen Landkreis Diekirch nach deutschem Vorbild um. Sitz der Kreisverwaltung, die nunmehr ein Landrat leitete, blieb die Stadt Diekirch.

    Durch Verordnung des Gauleiters vom 30.9.1940 wurde mit Wirkung vom 1.10.1940 die Reichsversicherungsordnung und damit auch die reichsbesetzliche Krankenversicherung im Gebiet Luxemburg eingeführt.
    Das deutsche "Gesetz betreffend der Krankenversicherung der Arbeiter" trat am 1. Dezember 1884 in Kraft - ein Bollwerk der Monarchie gegen die aufstrebende Sozialdemokratie. Alle im Handwerk und in der Industrie beschäftigten Arbeiter mussten nun in Krankenkassen versichert werden. Die bestehenden Krankenkassen, und damit auch die Innungskrankenkassen, die aus der Tradition der Zunft- und Gesellenkassen entstanden waren, wurden als Träger der neuen Gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen. Die deutsche AOK wurde 1884 gegründet - unmittelbar nach der Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung (1883) durch Reichskanzler Otto von Bismarck. Anfangs gab es 8.200 Ortskrankenkassen, denen die Arbeiter zugewiesen wurden, wenn sie nicht anderweitig zu versichern waren. Ab 1892 konnten auch Angestellte und Heimarbeiter neben gewerblichen Arbeitern Mitglied werden. 1933 wurde die deutsche AOK "gleichgeschaltet" und von parteitreuen Beamten verwaltet.

    Vorgestellt wird das Türschild der Wiltzer "Allgemeinen Ortskrankenkasse". Zu den kleinen Gehässigkeiten des Besetzers gehörte die Vergewaltigung der Namen: am 12. 3. 1941 erfolgte die Umbenennung der Stadt Wiltz in Wilz