Innere Medizin |
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Asthmatherapie (2) Zigaretten |
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Zu einer Zeit, als man weder Kortison noch Beta-2-Sympathikomimetika kannte, konnte der Asthma-Anfall mit Erfolg durch Einatmung von Salpeterdämpfen coupiert werden. Früher gab es in den Apotheken sogenanntes »Salpeterpapier« Charta nitrata, zu kaufen, ein mit Kalisalpeterlösung getränktes Filterpapier. Asthmaleidende oder an Bronchitis und schwerem Husten Erkrankte zündeten sich dieses Papier an, um die entstehenden Dämpfe einzuatmen. Die Salpeterdämpfe senkten die Krampfbereitschaft, halfen den Schleim abzuhusten und regten die Schleimhäute zur Ausscheidung an. „Pyridine, iodure d’ethyle, nitrite d’amyle, chloroform. aspiration de fumées produites par la combustion de poudres ou de cigarettes contenant du nitrate de potasse du datura, de la belladonne, de la jusquiame» (Larousse médical illustré Paris 1924 S. 108). Als Behandlungsmöglichkeit im Asthmaanfall kannte man vor allem den Rauch von verbrannten Stechapfelblättern. Indische Ärzte aus der Region Madras pflegten Asthma mit Räucherungen mit Datura ferox zu behandeln. Ab 1803 wurde das Mittel aus den britischen Kolonien nach Grossbritannien eingeführt - Zigaretten mit Datura-Blättern wurden bis 1992 gehandelt. Die zahlreichen „Geheimmittel“ und Asthma-zigaretten enthielten fast alle Stechapfel (datura stramonium L.), für den der Volksmund seit jeher den Namen „Asthmakraut“ parat hatte. Die medizinische Verwendung des Stechapfels wird in Europa erstmalig 1762 empfohlen. Alle Stechapfel-Arten gehören zu den heftigsten narkotischen Giften und enthalten in sämtlichen Pflanzenteilen die Alkaloide Hyoscyamin, Skopolamin und Atropin, wobei die Konzentration in den Samen am höchsten ist. Allein schon die Blüten sind so berauschend, daß ihr Geruch betäubend und leichte Vergiftungserscheinungen hervorrufen kann. Zigaretten gehören zu den originellen Darreichungsformen: Es gab die Zigaretten in zwei unterschiedllichen Stärken (N°1 und 2). Das gleiche Mittel gab es auch ohne Zigaretten. Man verbrannte es auf einem Teller und inhalierte die Dämpfe: Das Standardwerk der französischen Pharmacopoe, "L'Officine" von Dorvault (1910) erwähnt mehrere Medikamente, die geraucht wurden. Die "cigarette anti-asthmatique" (S. 544) bestand aus einem Papier, das, je nach Firma, mit unterschiedlichen Substanzen getränkt war: Belladonnablätter, stramoine (Stechapfel), digitaline (Fingerhut), sauge (Salbei), sel de nitre, teinture de benjoin (Süsser Assand). Auch amadou nitré (Feuerschwamm) kam zur Anwendung, Myrrhe, Oliban (Weihrauch), lobélie enflée (Lobeliakraut, Indischer Tabak), phellandrie (Wasserfenchel). Nach Prof Germain SEE (1818-1896) beruhte die Wirkung der Zigaretten auf der Freisetzung von Pyridin bei der Verbrennung... Belustigend ist die Empfehlung an die Asthmatiker, eine Kur am Mont-Dore in der Auvergne zu befolgen "La Poudre Escouflaire dissipe la crise - Le Mont-Dore empêche le retour des crises". Charles ESCOUFLAIRE nannte sich "Agent général, Inventeur et Seul Propreiétaire de la Firme" - Erfinder, Generalagent und einziger Inhaber der Firma (Beipackzettel). Diese befand sich in Baisieux im département du Nord, an der Grenze zu Belgien. Daher die zahlreichen Empfehlungsschreiben belgischer Ärzte und Patienten auf dem Begleitpapier... Der "Mentor"der Riedel AG/Berlin von 1926 empfahl Asthmazigaretten der Firmen BOMBETON (folia grindeliae robustae), BROSIG (folia stramonii) und GRIMAULT (foliae belladonnae). Eine Zeitungsannonce in der "Luxemburger Zeitung" vom 4/5.9.1897 war vom Apotheker ESCOUFLAIRE aus Ath in Belgien geschaltet worden. Eigentümlich, dass es sich ... um ein Asthmaprodukt handelte: "Unbestrittener Erfolg gegen Asthma, Engbrüstigkeit durch ZEMATONE-Pulver. Prospekte und Proben als Muster sendet gratis und franco Escouflaire, Apotheker, Ath, Begien".
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Innere Medizin |
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Blutdruckgeräte (1) n. PACHON |
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1830 erkannte Richard BRIGHT (1789-1858) - am hypertrophierten Herzmuskel - den Hypertonus bei Nierenkrankheiten. Scipione RIVA-ROCCI (1863-1937) aus Padua war in Turin Assistent an der Medizinischen Klinik von FORLANI, habilitierte sich 1894 in Pathologie und wurde 1900 Direktor des Ospedale Civico in Varese. 1907 habilitierte er in Pavia in Kinderheilkunde und wurde 1908 daselbst zum Professor ernannt. 1896 gab er ein Sphygmomanometer zur unblutigen Blutdruckmessung an, welches mit einem aufblasbaren Ballon versehen war das bis heute mit seinem Namen verbunden ist. 1901 entdeckte Harvey CUSHING (1869-1939) dieses Gerät auf einer Italienreise, verbesserte es für die klinische Anwendung und popularisierte es. 1906 wurde von einem gew. Heinrich von RECKLINGHAUSEN (1867-1942) ein Oszillometer angegebenen, bei dem das hochgiftige Quecksilber durch eine Sprungfeder ersetzt war. Es wurde 1909 technisch verbessert durch M.V. PACHON (1867-1938), dessen ebenso kompliziertes "Oscillomètre" in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen bei uns weit verbreitet war. Michel-Victor PACHON wurde am 26 Mai 1867 in Clermont-Ferrand geboren. Nach seinem Medizinstudium wurde er 1895 "agrégé de physiologie à la faculté de médecine de Bordeaux". 1904 wurde er zum "Maître assistant à la faculté de médecine de Paris" ernannt, in der Abteilung der Professoren Charles RICHET und Emile GLEY. In seinem Pariser Laboratorium erforschte er den Puls bei kleinen Tieren und studierte die Oszillometrie, d.h. den unteren und oberen Wert, zwischen denen der arterielle Druck in den Gefässen schwankt. Um 1910 entwickelte er ein eigenes Oszillometer, mit dem er diese Schwankungen messen konnte. Von 1911 bis zu seiner Emeritierung war PACHON Professor für Physiologie an der Medizinischen Fakultät Bordeaux. Er starb 1938 und wurde in Aubière beigesetzt - die med. Fakultät Bordeaux II trägt seit kurzem seinen Namen. 1911 wurde der essenzielle Bluthochdruck (im Gegensatz zum nephrogenen Hypertonus) von Alfred Erich FRANK (1884–1957) beschrieben. Das routinemässige Messen des Blutdruckes in der Sprechstunde wurde ab dieser Zeit zum Standardeingriff, wurden nicht nur die Nierenpatienten gemessen... "Aus dem Escher Notizbuch. Diebstahl aus PKW in Esch. In der Zeit vom 23.11. bis 25.11. 43 wurde aus einem Personenkraftwagen eines Arztes, während des Patientenbesuches, 1 Blutdruckmeßapparat, Marke „Pachon", entwendet. Der Apparat befand sich in einem schwarzen Holzköfferchen, Größe 22x16x8 cm, und besteht aus einem Manometer, Doppelmanschette mit 2 roten Gummischläuchen und einer etwa 20 cm langen Luftpumpe.Vor Ankauf wird gewarnt. Zweckdienliche Angaben, die auf Wunsch vertraulich behandelt werden, nimmt die Kriminalpolizei Esch-Alzig, Bahnhofstraße 30, Ruf 25 11, entgegen" (Luxemburger Wort vom 29.11.1943). Ausgestellt ist ein von der Fa. G. Boulitte in Paris, 15-21 r. Bobillot konstruiertes Oszillometer. Cf. Exponat des Sheffield Museum of Anaesthesia www.shef.ac.uk/~a/museum/Oscillometre.html
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Blutdruckgeräte (2) |
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Da jede ärztliche Praxis ab 1920 mit einem derartigen Gerät ausgestattet war, sind die Geräte häufig auf Antikmärkten anzutreffen. Vorgestellt werden hier drei Modelle:
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Innere Medizin |
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Blutdruckgeräte (3) |
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Erst seit 1881 kann man extravaskulär den Druck im Gefässsystem messen, dank des vom tschechischen Pathologen Samuel Siegried von BASCH (1837-1905) erfundenen Sphygmomanometers, einer elastischen Tasche, die über die a. radialis befestigt wurde und an ein Quecksilbermanometer angeschlossen war. Nach dem gleichen Prinzip arbeitete das Gerät des Italieners Scipione RIVA-ROCCI (*7. August 1863 in Almese (bei Turin); gest. 15. März 1937 in Turin). RIVA-ROCCI schuf mit seinem Sphygmomanometer (von griechisch sphygmos = Puls; griechisch metron = Maß; lateinisch manus = Hand) den Prototypen des modernen Blutdruckmessers.Ihm zu Ehren sprechen wir von der "RR",wenn wir den Blutdruck meinen. Die unzulänglichen Methoden bei der Bestimmung von Herz-Kreislauf-Verhalten vor allem von Kindern veranlassten Riva-Rocci als Assistenzarzt an der Medizinischen Klinik in Turin etwa ab dem Jahre 1890 zur Entwicklung eines für Patienten schmerzlos einsetzbaren Blutdruckmessverfahrens. 1896 beschrieb er in dem Artikel "Un nuovo sfigmomanometro" eine einfache Methode der "unblutigen" Bestimmung des Blutdruckes und führte seinen Prototypen des modernen Blutdruckmessgerätes zur indirekten Bestimmung des Blutdrucks vor. Riva-Roccis Apparat bestand aus einem Fahrradschlauch, den er als Oberarmmanschette benutzte (wie dies auch heute üblich ist), aus einem Gummiballon zum Aufblasen der Manschette und aus einem Quecksilberbarometer, mit dem er den Druck in der Armarterie (Arteria brachialis) maß. Durch Betasten der Pulsader an der Handwurzel (Pulsus radialis) prüfte er das Verschwinden bei steigendem (sytolischem) Druck. Trotz heftiger Proteste gegen die angebliche "Entsubjektivierung der Diagnostik" setzte sich Riva-Roccis Methode vor allem in Krankenhäusern rasch durch. Und schon um die Jahrhundertwende war die Illusion traditionsorientierter Ärzte, "dass kein Instrument den Finger zu ersetzten vermag" angesichts des unaufhaltsamen Einzugs technischer erzeugter Körperdaten in die medizinische Praxis zerstört. Noch heute arbeiteten die Standgeräte nach diesem Prinzip, wobei lediglich der Ort der Messung geändert hat: anstatt der arteria radialis wird die a. brachialis komprimiert... Noch etwas hat geändert: fast alle heute verfügbaren Geräte für Oberarm und Handgelenk messen oszillometrisch, das heisst, sie erfassen die durch die Pulswelle verursachten Oszillationen. Diese Messung hat gegenüber der auskultatorischen den Vorteil, dass sie technisch einfacher und anwenderfreundlicher ist. Noch etwas tut sich: die Europa-Abgeordneten stimmten 2006 für eine entsprechende Gesetzesvorlage (das Gesetz ist noch NICHT votiert). Diese GesetzesVORLAGE sieht allerdings einige Ausnahmen vor. So wäre zwar der Vertrieb quecksilberhaltiger Blutdruckmesser verboten, der von Barometern aber weiter erlaubt. Auch historische Messinstrumente dürften auf Trödelmärkten weiter gehandelt werden (Der Sammler bedankt sich !!).
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Innere Medizin |
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Blutdruckgeräte (4a) |
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Jüngeres Gerät der Pariser Fa. G.BOULITTE: ein Sphygmophon BOULITTE-KOROTOW.
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Innere Medizin |
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Blutdruckgeräte (4b) |
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"Sphygmophone de Boulitte-Korotkow pour la mesure des Pressions artérielles Maxima et Minima par la méthode auscultatoire". Auch wenn dieses Gerät längst kein Quecksilber mehr enthielt, so wurde der Druck dennoch brav, in alter Manier, in "Centimètres de Mercure" angegeben. Noch wurde die Armbinde umständlich mit Lederriemen und Schnallen festgezurrt. Später gab es das "Nouveau modèle avec sangles à serrage automatique et instantané". Klettverschlüsse gibt es erst seit 1951 .. Aus dem Nachlass des ab 1923 in Diekirch niedergelassenen Arztes Paul HETTO stammt diese (leider inkomplette, Birne fehlt) Blutdruckmanchette..
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Innere Medizin |
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Blutdruckgeräte (5) n. VAQUEZ-LAUBRY |
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om Flohmarkt Metz-Grigy 12/2006 stammt dieses Blutdruck-Messgerät aus den 50er Jahren. Noch liegen die Schläuche aussen, wie bei den älteren Geräten, doch wird schon mit dem Stethoskop gearbeitet, und nicht mehr mit der Pulswelle. Daher die Bezeichnung "Phono". Die Verbindungsschläuche sind im Originalzustand erhalten und brüchig verhärtet. Nur die Gummibirne ist noch weich und in funktionsfähigem Zustand. Man beachte die Schutzkappe aus Leder (links im Bild), mit der die Skala vor Stössen beim Transport geschützt wurde. Heutzutage wäre die Fabrikation dieses handgenähten Details ein unvorstellbarer Luxus! Henri-Louis VAQUEZ (1860-1936) ebensowie Zum Erfinder des Patentes, einem Dr. COURCOUX haben wir leider keine zuverlässigen biographischen Angaben finden können. Es ist anzunehmen, dass es sich um den an der Pariser Fakultät tätigen Internisten und Phtisiologen Prof. Alfred-François COURCOUX (1874-1956) handelt, der sich in der Tuberkulosediagnostik (wo er ja ebenfalls mit dem Stethoskop arbeiten musste) einen Namen machte mit der Verbreitung der Lungen-RX-Aufnahme. Am 18.11.1874 in Lannion in der Bretagne geboren, war er 1899 "Interne des Hôpitaux de Paris". Von 1899-1901 war er Präsident der "Réunion des jeunes gens" im "Cercle d'Etudiants catholiques", vor dem der am 20.4.1904 einen Vortrag über Tuberkulosebekämpfung hielt. Er war eine Koryphäe auf seinem Gebiet und behandelte die russische Zarenfamilie:
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Blutdruckgeräte (6) n. VERDIN |
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1880 führte der Pariser Arzt Adolphe Moise BLOCH (1842-1920) ein Gerät ein, bei dem die Arteria radialis gegen den Unterarmknochen gepresst wurde und der Druck festgestellt wurde, der nötig war, um den Blutfluss zum Erliegen zu bringen. In dem hier vorgestellten Sphygmometer hat der Konstrukteur Charles VERDIN (7 r. Linné, Paris) die Skala in den teleskopähnlichen Stift integriert. Das Gerät von VERDIN stand später Pate für den Ophtalmodynamometer n. BAILLIART, mit dem der Druck in der arteria centralis retinae gemessen wurde (siehe Kapiel Ophthalmologie).
Um 1890 wurde dieser Typ von Blutdruckmessapparat in den Arztpraxen geläufig benutzt.
Lit.: Bloch, A.M.: Perfectionement apporté à mon sphygmomètre, in: Comptes Rendus Soc. Biol., 1896 - 48. - Paris, Masson et Cie, 1896, 8°, 21 fig, 1177 pp., (pp.745-746). Liliane Pariente, Les appareils de mesure du pouls et de la pression artérielle, Ed. Louis Pariente, Paris 1979, S. 72.
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Innere Medizin |
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Sphygmometer n. DUDGEON |
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Prinzip Die sich durch die Pulswelle ausdehnende und zusammenziehende Arterie am Handgelenk (Radialispuls) setzt ein Plättchen in Bewegung, welches auf einen Hebelarm wirkt. Dieser schreibt die Bewegung der Arterienwand mechanisch verstärkt auf einen berußte Papierstreifen (15 cm x 2,5 cm). Der Papierstreifen wird durch ein Uhrwerk gleichmäßig transportiert und ist binnen 10 Sekunden "durchgelaufen".
Die Aufzeichnungen erfolgten auf sog. Rußpapier, wie es heute noch von Seismologischen Stationen benutzt (und selber hergestellt) wird. Dazu wird Petroleum in einem "Berußungsraum" verbrannt … "Der Registrirapparat ist eine berusste GlaspIatte, welche sich gradlinig fortbewegt, oder eine kupferne mit berusstem Papiere bedeckte Trommel, welche mit constanter Gesehwindigkeit rotirt" (J.L. Hoorweg, Ueber die Blutbewegung in den menschlichen Arterien. Pflüger's Arch. 1890; 46: 115).
Exponat Sphygmometer n. Dudgeon, um 1882 entwickelt. Hersteller: Fa. Krohne & Sesemann, Manchester Square, London. Von der ursprünglich 8.4 x 6 x 6.4 cm großen, innen mit violettem Tuch ausgekleideten Schatulle fehlt das Oberteil. Das Uhrwerk arbeitet einwandfrein, ohne Geruckel. Das gleiche Gerät befindet sich im Fundus des "Technoseum - Landesmuseum für Technik und Arbeit" in Mannheim und wird auf 1882 datiert. Herkunft Chicago, 4/2018 |
Innere Medizin |
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Blutegeltherapie (1) |
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Blutegel (wissenschaftlicher Name: Hirudo medicinalis) werden unter medizinischen Gesichtspunkten seit Jahrtausenden verwendet. Schon im 13. Jahrhundert vor Christus wurden Blutegel medizinisch angewandt, und bei den Griechen und Römern im 5. Jahrhundert vor Christus waren sie ein fester Bestandteil der Heilkunde. 100 v. Chr. wurde der Blutegel von dem griechischen Arzt Nikandros von Colophon lobend erwähnt. Die Egeltherapie setzte sich im Mittelalter und in der frühen Neuzeit fort. In Frankreich stieg die Blutegeleinfuhr zwischen 1827 und 1850 von 33,6 Millionen auf 100 Millionen Blutegel pro Jahr, Frankreich importierte noch Ende des 19. Jhr. etwa 16 Millionen Blutegel pro Jahr, ebenso viele England. In Deutschland betrug der Verbrauch Ende des 19. Jahrhunderts 25 Millionen Tiere pro Jahr.
Ausleitende Wirkung
Gerinnungshemmende Wirkung
Psychotrope Wirkung
Schmerzstillende Wirkung
Der Transport Die Blutegel sind sensible Tierchen. Nervöse Egel beißen nicht! Sie vertragen keine aufgeregte Atmosphäre, sind wetter- und transportempfindlich und vertragen keinen Temperaturwechsel. Deshalb sollten sie dunkel und ruhig stehen. Daher eignen sich die alten Gefäße aus Zinn besser als durchsichtige Gläser. Bei der Versendung müssen die Blutegel gehörig feucht erhalten und täglich einmal auf eine halbe Stunde in fließendes Wasser gebracht werden. Das frische Wasser muß mit dem abzugießenden gleiche Temperatur haben und wird mittels eines Trichters, der bis auf den Boden des Gefäßes reicht, langsam eingegossen. In Frankreich wurde im 16. Jahrhundert ein ganz spezieller Topf entwickelt, der zweckentfremdeter Reiskocher, der sich quasi unverändert bis ins 19. Jahrhundert hielt: "La forme française est celle de la boule à riz d’étain : en effet, dans l’Art du potier d’étain publié en 1788, on trouve une gravure, reproduite par P.A. Salmon, montrant une boule à riz, objet domestique produit par les potiers d’étain. Il s’agit d’un objet ovoïde surmonté d’un couvercle vissé. Une série de trous percés au tiers supérieur de la sphère parcourt sa circonférence. Le couvercle, sur lequel est soudée une prise en anneau, est percé de trous disposés en cercle. Le texte de Salmon en précise l’usage : «boule à riz, propre à faire cuire dans le pot du riz ou des pois verts, ou même du vermicelle». Dans l’ouvrage de l’abbé Bidault, Etains médicaux et pharmaceutiques, édité en 1972) la boule à riz change de définition et devient boule à sangsue. L’auteur ne fournit aucune indication sur les sources ou arguments l’ayant conduit à redéfinir l’objet. La boule à riz avec sa fermeture hermétique évite la fuite des animaux et possède des orifices d’aération suffisants pour conserver en vie quelques vers. C’est un objet domestique courant, peu encombrant, facile à transporter, disponible chez les gardes-malades et bien adapté à cette nouvelle fonction. Cependant, cette boule à riz n’apparaît pas, à l’époque, dans les catalogues de fabricants de matériel médical" (Sylvain Malassis).
Die Luxemburger Verwaltungen kannten zwei Tarife. 1848 erhielten: - Chirurgen 75 Centimes, 1854 erhielten: - Chirurgen und Doktoren der Chirurgie 1,50 Francs, eine bedeutende Aufstockung,
Exponat Vorgestellt wird ein 13 cm hohes, 7.3 cm dickes Egelgefäss aus Zinn. Eine Gravur in der Bodenplatte belehrt uns, daß es sich um Werbegeschenk handelt - "Laboratoire Oberlin Paris, Etain 98%, Vincent Garnier, N°342/1.000". "Vincent GARNIER est spécialisé dans la copie récente (années 1980) d'instruments et/ou pot de médecine et pharmacie". Herkunft: Antikladen in Saint-Chamond nordöstlich von Saint-Etienne (Massif Central), 2009.
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Innere Medizin |
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Blutegeltherapie (2) |
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Exponat Steingutzylinder (1930-1950) mit Perforationen im Boden und seitlich im Bereiche der Basis, um das Innere nass zu halten. Zweiter Kranz von Perforationen am oberen Rand, um den Zutritt von Luft zu garantieren. Deckel mit Metallklammer festgehalten. Das Glas fehlte beim Kauf und wurde ersetzt durch ein "Analogon". Gesamthöhe ursprünglich 24.5 cm. |
Innere Medizin |
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EEG |
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Hans BERGER (1873-1941), der seit 1897 an der psychiatrischen Klink der Universität Jena arbeitete, arbeitete ab 1900 an der graphischen Erfassung von Hirnströmen bei Tieren. In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts entdeckte er die bioelektrischen Hirnströme und entwickelte ein Gerät, um diese Energie messen zu können - die Tätigkeit des Gehirns in elektrischen Strömen auszudrücken. Es gelang ihm im Jahre 1924, ein Gerät zu konstruieren, mit dem sich diese hirnelektrische Aktivität aufzeichnen liess. Die Technik für ein EEG wurde also bereits 1924 erfunden, erst 1929 aber publizierte BERGER seine Entdeckung - er selbst nannte seine Erfindung „Elektrencephalogramm“. Elektroden – ähnlich wie bei der Aufnahme des EKG über den Brustkorb – werden über den Kopf verteilt. Die Details des zeitlichen Ablaufs und der örtlichen Verteilung der Gehirnströme sind sehr kompliziert und Gegenstand lebhafter Forschung. Trotzdem ist das EEG in Ergänzung zu bildgebenden Verfahren ein aufschlussreiches Diagnosemittel für den Neurochirurgen, Neurologen und Psychiater und ist ganz besonders wichtig bei der Feststellung des sog. „Hirntodes“ für die Beurteilung der Zulässigkeit von Organentnahmen bei Unfallopfern. "Die elektrische Aktivität des Gehirns, welches aus etwa 1011 Neuronen besteht, erzeugt an der Kopfoberfläche eine niederfrequente nichtperiodische Spannungsschwankung. Die Aufzeichnung dieser Spannungsschwankung wird Elektroencephalogramm genannt. Die langsamen Schwankungen des EEGs (Hirnwellen) entste en durch die Summierung der langsamen postsynaptischen Potentiale der Dendri ten und Neuronenzellen. Den Hirnwellen ist normalerweise eine schwankende Gleichspannung überlagert, welche allerdings meistens herausgefiltert wird. Die wichtigste Information der Hirnwellen stellen ihre Frequenz und Amplitude dar. Die Amplituden der EEG-Spannungen liegen normalerweise in einem Bereich von 10 bis 150μV. In Bild 17 sind verschiedene EEG-Wellen dargestellt. Das Elektroenzephalogramm beeindruckt den (noch lebenden) Patienten wegen der aufwendigen Verkabelung. Da fühlt sich der Mensch von der Maschine durchdrungen, er ist an Kabel fixiert, und das mit dem Kopf... "Il faut en avoir une santé pour supporter tous ces supplices" - man muss vollauf gesund sein um all diese Strapazen zu überstehen" sagt der Text auf der Ansichtskarte von D.Tempest (gestempelt 1938, Imprimé en Angleterre N° 478).
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